Melancholie hinterm Vorhang
»Fear used to be near here, but won’t be anymore«, singt Anja Plaschg alias Soap & Skin in »Heal«, dem zentralen Stück ihres neuen Albums »From Gas to Solid / You Are My Friend«. Mit seinen freundlich umherschwirrenden Synthesizer-Arpeggien und euphorischen Bläsersätzen fällt der Song ungewohnt lebensbejahend aus; selten wurde ein Text von Plaschg so enthusiastisch vorgetragen. Ist sie mit dem dritten Album etwa auf die Sonnenseite gewechselt? Nein, nur die Vorhänge wurden ein Stück zur Seite gezogen. Mit ihrem neuen Album bewegt sie sich trotz des zeitlichen Abstands zu den Vorgängeralben »Lovetune For Vacuum« (2009) und »Narrow« (2012) weiter im musikalischen Kosmos der Düsternis.
Das klingt oft persönlich und anrührend, etwa auf dem wunderbar warmen Track »Athom«, für den die Österreicherin ihren gedoppelten Gesang mit Klavier und allerlei surrenden Samples begleitet, ehe das Ganze zur großen theatralischen Geste wird, mit der sie bekannt wurde. Die Dramatik so weit zu überdrehen, wie es dann auf »(This Is) Water« geschieht, muss man sich auch erstmal trauen, aber Plaschg ist vor der ironiefreien Beschäftigung mit Schmerz und Trauer nie zurückgeschreckt. Pop bleibt das dennoch immer. Trotz ihrer Getragenheit sind die fast ausnahmslos in ihrer Wohnung aufgenommenen zwölf Songs des Albums zugänglich und teilweise sogar hartnäckige Ohrwürmer. Das kindliche »Italy« etwa klingt wie schlingernde Marschmusik für Spielzeugsoldaten und bohrt sich behutsam ins Gedächtnis. Anders kommt das zehnte Stück »Falling« daher, das mit seinen überraschenden Tonverwirbelungen einen späten Höhepunkt auf der Platte bildet und sich am deutlichsten auf das im Titel angezeigte Durchschreiten der Aggregatzustände bezieht. »Wir irren des Nachts im Kreis umher und werden vom Feuer verzehrt«, singt Plaschg anschließend auf Latein und lässt ihr abwechslungsreiches, klug instrumentiertes Werk sanft ins Melancholische zurücksinken.
Soap & Skin: From Gas to Solid / You Are My Friend (Play It Again Sam)