Verbot von Mentholzigaretten? Ja!

Aufklärung statt Menthol

Rauchen ist cool und lässig. Die Mentholzigarette aber ruiniert den Ruf der Raucher.

Gibt es eigentlich Personen, die gern Mentholzigaretten rauchen? Also, nicht um lediglich während einer Erkältung weiterqualmen zu können? Mentholzigaretten sollen ja weniger schlecht für Hals und Lunge sein und haben wegen der ätherischen Öle im Menthol vielleicht sogar eine heilende Wirkung. Zumindest reden sich das ­verzweifelte Kettenraucher wie der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) ein, wenn sie zum vierten Päckchen am Tag greifen und sich in eine Rauchwolke hüllen, die nach Erkältungsbad riecht.

Nun soll diesem ganzen Unfug ein Ende gemacht werden: Ab dem 1. Mai 2020 wird die unheilige Verbindung aus Tabak und Hustenbonbon verschwinden; das Verbot wurde bereits 2016 beschlossen; Wer also Freude ­daran findet, die Glimmstängel aus den türkisfarbenen Packungen zu qualmen, sollte schnell Hamsterkäufe tätigen.
Überhaupt, türkis. Das ist doch keine Farbe für Zigarettenpackungen, sondern die Farbe von ekelerregenden Alkopops und allzu aufdringlichem Lidschatten. Nichts, was man mit dem Genuss einer so köstlichen Pflanze wie Tabak assoziieren möchte.

Es gibt viele gute Argumente gegen die Mentholzigarette. Erstens: Wenn man schon Zigaretten mit Aroma rauchen muss, wieso dann nicht Nelkenzigaretten? Während Mentholkippen das Laster der Wahl von besserwisserischen Flachpfeifen wie dem inzwischen verstorbenen Helmut Schmidt waren, präferieren coole Menschen die Nelkenzigarette. Diese ist beispielsweise ein klassisches Accessoire der lesbischen Szene oder von Grufties. Und wer möchte sich beim Rauchen nicht fühlen wie Gertrude Stein oder Vita Sackville-West? Außerdem riechen Nelkenzigaretten besser und hinterlassen einen angenehmeren Geschmack auf den Lippen. So kann man dann die Geliebte auch mit Nelkenküssen lieb­kosen. Zweitens: Wenn schon penetrante Ekelkippen, warum dann nicht aufs Ganze gehen und Klickzigaretten rauchen, bei denen man durch einen ­Mechanismus im Filter zwischen zwei ­unterschiedlichen Aromen wählen kann? Wenn schon, dann wenigstens qualmen mit technischem Fortschritt, auch wenn dieser lediglich die Wahl zwischen Pest (irgendwas mit »wild berries«) und Cholera (»minty freshness«) offeriert. Aber: immerhin sind diese Klickzigaretten derart überkandidelt, dass man sie schon wieder ironisch rauchen kann. Drittens: Helmut Schmidt.

Trotz allem gilt es, sich gegen ein Verbot auszusprechen. Ähnlich wie bei anderen verbotenen Rauschmitteln würden auch Mentholzigaretten auf den Schwarzmarkt gedrängt werden, unter unsauberen Bedingungen zusammengepanscht, mit noch gefährlicheren Schadstoffen gestreckt. Dealer im Frankfurter Bahnhofsviertel würden neben Crack und Heroin ab 2020 auch »West Ice« anbieten, um die Süchtigen bei der Stange zu halten. Wie bei allen Drogen gilt auch hier: Aufklärung ist die beste Prävention. Anstatt Verbote auszusprechen, sollte die Bevölkerung aufgeklärt werden, wieso sie lieber auf alle erdenklichen anderen Tabakprodukte zurückgreifen, Mentholzigaretten aber meiden sollte. Rauchen ist so cool, wieso sollte man diese Coolness ruinieren?

Nun, so cool Rauchen sein mag: ­einiges sollte man sich dabei dennoch vor Augen führen. Zum einen natürlich, dass Rauchen ganz entsetzlich schlecht für die Gesundheit ist und ganz entsetzlich ins Geld geht. Zum anderen, dass die Tabakindustrie auf koloni­alistischer Ausbeutung, auf Sklaverei und Unterdrückung beruht. Der Marlboro-Mann konnte nur für die amerikanische Freiheit eintreten, weil ungezählte Schwarze dazu gezwungen wurden, sich auf den Tabakplantagen zu Tode zu schuften. Andererseits: Hitler hat Rauchen gehasst und als »Schädigung des deutschen Volkskörpers« verdammt. Winston Churchill und zahl­reiche andere Antifaschistinnen und Antifaschisten haben gequalmt wie die Schlote – jedoch keine Mentholzigaretten. Vor diesen sollte nämlich jeder Mensch, der noch festhält an Vernunft, Aufklärung und Stil, eine Stangen­länge Abstand halten (außer man ist erkältet).