Vorsicht, Sexualobjekt!
Wenn sich die Gegenwart den eigenen sexistischen Ansprüchen entgegenstellt, ist die Rückbesinnung auf unveränderbares Göttliches oft nicht weit. Das musste die US-amerikanische Reporterin Larrison Campbell erleben, als sie einen der republikanischen Bewerber für das Gouverneursamt von Mississippi, Robert Foster, auf seiner Wahlkampftour begleiten wollte. Dieser weigerte sich, die 15stündige Kampagnentour mit einer weiblichen Reporterin zu verbringen, und forderte sie auf, in Begleitung eines männlichen Kollegen zu erscheinen. Foster nannte dies eine Vorsichtsmaßnahme. In einem Interview mit CNN begründete er seine Entscheidung mit seinem Glauben und dem Schwur, den er seiner Ehefrau gegeben habe, niemals mit einer Person des anderen Geschlechts allein Zeit zu verbringen.
»Eine Frau ist an erster Stelle sexuelles Objekt und erst an zweiter Stelle Reporterin.«
Diese Argumentation ist nicht neu. Foster zitierte den Evangelikalen Billy Graham, der bereits 1948 davon sprach, mit keiner anderen Frau als seiner Gattin allein Zeit zu verbringen. Auch US-Vizepräsident Mike Pence sagte 2017, er werde mit keiner Frau alleine speisen, die nicht seine Ehefrau sei. Was wie ein sexistischer Anachronismus wirkt, entspricht durchaus der Haltung eines großen Teils der US-Bürgerinnen und -Bürger. Einer Umfrage der New York Times aus dem Jahr 2017 zufolge findet ein Viertel der Befragten private Arbeitstreffen mit Kollegen des anderen Geschlechts unangebracht.
Doch Fosters Verhalten stieß auch auf Kritik. So sehr er sich über die landesweite Aufmerksamkeit gefreut haben mag, weiß er offenbar genau, wer das Opfer ist, nämlich er selbst. Oder präziser: der Mann an sich. Über die #MeToo-Bewegung sagte er: »Männer werden immerzu angegriffen«, und: »Ich werde es mir nicht erlauben, in Situationen mit einer Frau zu geraten, in der sie Anschuldigungen gegen mich erheben kann.«
Campbell, die ebenfalls von CNN interviewt wurde, sagte: »Wir sollten es als das benennen, was es ist: Wenn eine Frau nicht dieselben Möglichkeiten hat, die ein Mann bekommen hätte, ist das Sexismus.« An Foster gerichtet fügte sie hinzu: »Was Sie hier letztlich sagen, ist, eine Frau ist an erster Stelle sexuelles Objekt und erst an zweiter Stelle Reporterin.«