Sozialer Wohnungsbau

Es geht auch ohne Wohnungsnot

Triste Trabantenstädte, Albträume aus Waschbeton: Der soziale Wohnungsbau hat in Deutschland ein schlechtes Image. Eine Ausstellung in Hamburg räumt nun mit gängigen Vorurteilen auf.
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Seit vielen Jahren läuft nun alles bestens – zumindest für jene, die Immobilien in größerem Maßstab ihr ­Eigen nennen konnten. Denn bereits in den Achtzigern hatten Bundes- und Landesregierungen die letzten verbliebenen Regulierungen aus der Nachkriegszeit auf dem Immobilienmarkt abgeschafft: 1985/1986 verkündete die Bundesregierung das Ende der staatlichen Förderung des Mietwohnungsbaus. Man begründete das mit alles andere als verlässlichen Prognosen über den Rückgang der Bevölkerung, zeigte ansonsten mit dem Finger auf den 1982 pleite gegangenen gewerkschaftseigenen und gemeinnützigen Baukonzern Neue Heimat und verkündete, von der »Objektförderung« zur »Subjektförderung« übergehen zu wollen.

Statt günstige Wohnungen zu bauen oder die Höhe der Mieten zu regulieren, wurden durch Wohngeldzahlungen und Kostenübernahmen private Mieteinkünfte aus öffentlichen Mitteln subventioniert. 1988 schaffte der Bundestag die steuerliche Privilegierung gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften ab, im selben Jahr hob der Westberliner Senat die seit 1949 geltende Mietpreisbindung für Altbauten auf, die letzte ihrer Art in der Bundesrepublik. Seither stiegen die Mieten bekanntlich nicht nur in Berlin exorbitant, während sich die Zahl der Sozialwohnungen stetig verringerte. Zählte man 1990 nach dem Ende der DDR und dem Beitritt der sogenannten neuen Länder bundesweit noch 2,87 Millionen solcher Wohnungen, waren es 2016 lediglich 1,24 Mil­lionen. Und noch vor wenigen Monaten, im Februar, entschied der Bundesgerichtshof, dass mit staatlichen Mitteln geförderte Wohnungen nach Ablauf einiger Jahre ohne ­Sozialbindung zum Marktpreis vermietet werden dürfen. Weiterhin goldene Zeiten für Privatvermieter und Immobilien-Holdings also, sollte man meinen.

Trotzdem werden Befürchtungen geäußert – besonders in jenen ­Blättern, die gerne von denen gelesen werden, die Miete nicht entrichten müssen, sondern einnehmen können –, dass zukünftig wieder sozialdemokratische Sehnsüchte auf­kommen könnten. Wo käme man nur hin, wenn Begriffe wie Beton oder Baugenossenschaft nicht mehr ausschließlich mit Hässlichem und ­Kaputtem assoziiert würden, sondern mit sozialer Notwendigkeit? Wenn Konzepte des modernen Städtebaus, also jenes Städtebaus, der vor der Postmoderne dominierte, als ästhetisch nicht notwendig reizlos oder gar als gesellschaftlich erstrebenswert angesehen würden?