Besitzansprüche des deutschen Adels

Der Clan vom Cecilienhof

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Dass die Familie überhaupt die Forderungen stellen kann, liegt an der vertrackten historischen und rechtlichen Lage. Im Gegensatz zu manch anderem Staat Europas ging die Weimarer Republik äußerst sanftmütig mit dem Adel um. Oder wie die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) damals monierte: »Fünf Gramm Blei gab Russland seinen Fürsten, was gibt Deutschland seinen Fürsten?« Bekanntermaßen folgte nicht nur in Russland dem Ende der Monarchie 1917 bald die Hinrichtung des gestürzten Monarchen. In Frankreich wurde 1793 Ludwig XVI. guillotiniert. Nachdem die Monarchie als Kaiserreich 1804, als Königreich 1815 sowie erneut als Kaiserreich 1852 zurückgekehrt war, entschied sich die Dritte Republik 1870 (die ironischerweise aus der Niederlage Napoleons III. gegen die Preußen hervorgegangen war, die auf der anderen Seite des Rheins zur Einheit Deutschlands und dem Kaisertum der Hohenzollern führte) zu einem weniger drastischen, aber konsequenten Schnitt: Alle Adelstitel wurden aberkannt, alle Angehörigen der ehemaligen Herrscherfamilien Bourbon, Orléans und Bonaparte wurden des Landes verwiesen. Sie durften erst nach dem Zweiten Weltkrieg zurückkehren.

Die Hohenzollern und alle anderen adeligen Herrscher, die in Deutschland wegen der Novemberrevolution 1918 zurücktreten mussten, machten der jungen Republik dagegen zu schaffen. In den zwanziger Jahren wurde um das Eigentum der Herrscherfamilien gestritten. Die Lage war verzwickt: Wo zieht man die Grenze zwischen privatem und staatlichem Eigentum, wenn Staat und Regierung als mit dem Familienoberhaupt identisch gelten? Zwar gab es ab 1820 eine formale Trennung zwischen dem Eigentum des Staates Preußen und dem der Familie Hohenzollern. Eindeutig war diese jedoch nie.

Eine eindeutige Klärung wäre 1926 möglich gewesen. Zuvor waren in einigen Fällen Gerichtsentscheidungen zugunsten des Adels ausgefallen. Vielen Bürgerinnen und Bürgern stieß dies sauer auf, zumal die Hyperinflation doch kurz zuvor zahllose Ersparnisse vernichtet hatte. Die Gelegenheit nutzte die KPD, um mit der Forderung nach Umverteilung des Adelsvermögens auch kleinbürgerliche Wählerschichten zu erreichen. Auf Initiative der Kommunisten und schließlich sogar mit Unterstützung der bei solchen Gelegenheiten stets zögerlichen SPD fand letztlich ein Volksentscheid statt. Nicht nur die Haus- und Kronvermögen, auch das Privatvermögen der geschassten Herrscher sollte eingezogen werden – entschädigungslos. Zwar gewannen die Adelsgegner den Volksentscheid, erreichten aber nicht das Quorum. Die Gegner des Referendums hatten für Nichtteilnahme geworben. Die Fürstenenteignung scheiterte, da lediglich 14 Millionen statt der notwendigen absoluten Mehrheit der etwa 40 Millionen Wahlberechtigten zustimmten.