Das Ende der Tabakindustrie in Deutschland

In letzten Zügen

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Philip Morris ist dabei, sein deutsches Hauptwerk in Berlin dichtzumachen, die Ankündigung, die kleine Außenstelle in Dresden für die E-Zigarettenproduktion auszubauen, wurde zurückgenommen. Und auch wenn Reemtsma (Hauptmarken: West und Gauloise) und Japan Tobacco (Camel und Winston) vorerst noch an ihren Werkstandorten in Langenhagen beziehungsweise Trier fest­halten, ändert das nichts daran, dass das Gros der in Deutschland pro Jahr verkauften 75 Milliarden Zigaretten längst in Osteuropa gefertigt wird, in Polen, Rumänien, Ungarn oder Kroatien. Die diversen Liquids beziehungsweise Tabakstreifen für die batteriegestützte Nikotininhalation wiederum, in der die Konzerne das Geschäft der Zukunft sehen – eine auffällige Parallele zur Fahrzeug­industrie –, kommen in Zukunft vorwiegend aus Italien, Griechenland und Großbritannien auf den deutschen Markt, immerhin den zweitlukrativsten Markt der Welt, nach dem der USA.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die circa 20 Millionen Raucher in Deutschland noch jede der jährlichen Preissteigerungen mitgemacht haben und die ärmeren Raucherhaushalte in der Not eben auf zweit­klassige Discounter-Zigaretten beziehungsweise drittklassige Feinschnitttabake zurückgreifen. Damit sorgen die traditionellen Raucher, nebenbei erwähnt, mit den auf Zigaretten erhobenen Steuern immer noch für fünf Prozent der Staatseinnahmen Deutschlands – die Batterieraucher hingegen zahlen nur die Mehrwertsteuer und tragen so lediglich zur Erhöhung der Gewinnmarge der Hersteller bei.

Trotz aller Verbote, Einschränkungen und Kampagnen, trotz aller Gerichtsurteile, Gesetzesinitiativen und Drohungen der Krankenkassen, geht also der Zigarettenkonsum in Deutschland, was die reine Menge angeht, nicht in dem Maße zurück, wie es erwartbar wäre: Seit 2004 (mit etwa 90 Milliarden verkauften Zigaretten) sinken die jährlichen ­Absatzzahlen nur noch in gemächlichem Tempo, zuletzt blieben sie nahezu auf konstantem Niveau, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Das Rauchen verschwindet zwar immer mehr aus den Augen der Öffentlichkeit, aber das hat vor allem damit zu tun, dass die Raucher aus der Öffentlichkeit verschwinden, zumindest aus jenem Ausschnitt des öffentlichen Lebens, der medial präsentiert wird. Das heißt nicht nur, dass sich schon seit Jahren kein sogenannter Promi mehr mit Zigarette zeigt beziehungsweise erwischen lässt, sondern auch, dass in den hippen Milieus und Locations der Innenstädte andere Drogen regieren als die plebejischen Kippen, bei denen die Alltagssprache schon gleich keinen Unterschied mehr macht zwischen dem Produkt selber und seinem Abfall.