Die Ergebnisse des UN-Klima­gipfels in New York City sind enttäuschend

Zusagen, Absagen und Ansagen

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Die Zusagen, die Guterres am Ende zusammenfasste, fielen mager aus. Deutschland will die Kohlenutzung beenden, aber erst 2038, und ansonsten, wie Merkel ­betonte, technologische Innovation nutzen. Frankreich will keine Handelsverträge mehr mit Ländern ­abschließen, die das Pariser Abkommen nicht unterzeichnet haben. Russland kündigte den formalen ­Beitritt zu dem Abkommen an. China und Indien wiederholten nur die Ankündigungen, die sie schon bei vorherigen Gipfeln vor­gebracht hatten – und planen, wie die Türkei, Indonesien und Südafrika, den Bau neuer Kohlekraftwerke. CO2-Emissionen aus Kohlekraft sind im vergangenen Jahr der Inter­nationalen Energieagentur (IEA) zufolge weltweit um 2,8 Prozent gestiegen und machen derzeit fast ein Drittel der globalen CO2-Emissionen aus. Einzig die Vertreterinnen und Vertreter 93 großer Konzerne, die ebenfalls zum Gipfel eingeladen waren, kündigten Neues an. Sie wollen bis 2050 »klimaneutral« sein – ein Ziel, das auch 66 Staaten, unter anderem Deutschland, nennen, ohne dass dem konkrete Maßnahmen folgen. So blieb Guterres bei seinem abschließenden Statement nicht viel mehr, als die Chancen einer »Green Economy« hervorzuheben – kein Wort zu den Widersprüchen zwischen Klimaschutz und den Wachstumszwängen eines kapitalistischen Wirtschaftssystems.

Gleichzeitig zum UN-Gipfel stellte die Weltorganisation für Meteorologie ­einen neuen Bericht vor, dem zufolge die derzeitigen Klimaschutzpläne den globalen Temperaturanstieg bis 2100 nur auf 2,9 bis 3,4 Grad Celsius begrenzen werden. Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, müssten die Emissionen drei- bis fünfmal so schnell reduziert werden wie geplant. Tatsächlich verringert wurden die weltweiten Treibhausgasemissionen ­bisher nicht, im Gegenteil: Sie steigen weiter.

Deshalb empörte sich Thunberg in ihrer Rede zu Beginn der Veranstaltung: »Ihr habt meine Zukunft und meine Träume gestohlen mit euren ­leeren Worten«, warf sie den Anwesenden vor. »Wir stehen am Beginn eines Massenaussterbens. Und alles, worüber ihr reden könnt, ist Geld und das Märchen vom ewigen Wirtschaftswachstum. Wie könnt ihr es wagen!« Den letzten Satz wiederholte sie immer wieder. »Ihr betrügt uns. Aber die jungen Menschen beginnen, euren Betrug zu ­begreifen. Und wenn ihr uns im Stich lasst, werden wir euch das nie ver­geben. Die Welt wacht auf und der Wandel kommt, ob ihr wollt oder nicht.«

Thunberg referierte auch die Ergebnisse der Klimaforschung: »Die Emissionen in den kommenden zehn Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine Chance von 50 Prozent, unter 1,5 Grad zu bleiben«, ein höherer Temperatur­anstieg aber berge das »Risiko, eine unaufhaltbare Kettenreaktion auszulösen«. Bei der Berechnung seien zudem mögliche Verstärker der Erwärmung unberücksichtigt geblieben. Beim derzeitigen Emissionsniveau werde das CO2-Budget, dessen Überschreitung katasprophale Folgen habe, in weniger als achteinhalb Jahren verbraucht sein, daher seien die bisherigen Klimaschutzpläne unzureichend und die Hoffnungen auf technische Innovationen trügerisch.

Die kurze Rede, artig beklatscht von den Anwesenden, rief gegensätzliche Reaktionen hervor. Der britische Guardian verglich Thunbergs Rede mit ­Abraham Lincolns – ebenfalls sehr kurzer – Rede in Gettysburg während des US-amerikanischen Bürgerkriegs 1863 und nannte sie »historisch«. Ein Kommentator des Trump nahestehenden Fernsehsenders Fox News lästerte ­hingegen über das »geisteskranke Kind«. Klimawissenschaftler lobten die Rede euphorisch. In Deutschland warnte die Berliner Zeitung vor einer »Klimadiktatur« und davor, dass aus der Klimabewegung Gewalt und Terror hervorgehen könnten.

So zeigt der UN-Klimagipfel vor allem tiefe Risse  – zwischen der Jugendbewegung und dem, was diese als »die Politik« ansieht, von der die meisten erwarten, vertreten zu werden; zwischen jenen, die einen effektiven Klimaschutz fordern, und jenen, die dagegen opponieren; und zwischen dem, was getan werden müsste, um die globale Erwärmung zu begrenzen, und dem, was überhaupt noch machbar ist innerhalb des bestehenden Systems.