Filme über Partisanen im Zweiten Weltkrieg

Geteilte historische Erfahrung

Das österreichische Filmmuseum zeigt bis Dezember eine Retrospektive mit Partisanenfilmen. Diese entwickelten sich von Heldenerzählungen zu Chroniken des individuellen Leids im Krieg.

Der Partisanenkampf gegen die deutsche Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs war der Gründungsmythos des sozialistischen Jugoslawien. Monumente wurden errichtet, Gedenkmünzen geprägt und regelmäßig traf sich der Präsident Josip Tito mit Veteranen im bosnischen Jajce im Beisein der internationalen Presse. Der sogenannte partizanarica war das Filmgenre, das in den siebziger Jahren den jugoslawischen Film international populär machte. Im Rahmen der diesjährigen Viennale widmet das Österreichische Filmmuseum in Wien unter dem Titel »O partigiano!« dem Partisanenfilm eine umfassende Retro­spektive, die eine vergessene Tradition des europäischen Nachkriegskinos in Erinnerung ruft. Aber so wie der Partisanenkrieg nicht auf den Balkan zu beschränken ist, obgleich hier die Partisanen am schlag­kräftigsten waren, so blickt auch die Retrospektive nicht allein auf Mittel- und Osteuropa.

Blind der Natur ausgelifert: »Ni Liv« (Norwegen 1957)

Bild:
Viennale

Bereits 1946 porträtiert René Clément in »La Bataille du rail« (»Schienenschlacht«) die Kämpfer der Résistance, die bei der französischen Eisenbahn (SNCF) arbeiteten. In einem Prolog wird die Zeit der Besatzung und die Teilung Frankreichs in ein besetztes Gebiet und eine zone libre in einer Weise rekapituliert, als ob es sich um eine längst vergangene Epoche handeln würde. »La Bataille du rail« will Geschichte schreiben und tut dies auch, indem der Film auf Unbekanntes hinweist. In der Résistance kämpften nämlich nicht nur Partisanen, sondern auch jene, die zur Kollaboration gezwungen wurden. »Eine Maschine muss funktionieren, um ein Widerstand zu sein«, sinniert der beaufsichtigende Leiter eines Stellwerks, und der Film folgt den sich immer mehr steigernden Widerstandsaktionen der Eisenbahner, von der Verspätung einzelner Züge bis zur Sprengung einer Brücke, die einen Panzertransport in den Abgrund reißt. »La Bataille du rail« nutzt die Form des Reenactment: Laien, unter ihnen auch Mitarbeiter der SNCF, spielten die heldenhaften Aktionen nach. Laiendarsteller, der weitgehende Verzicht auf Studiodrehs und eine beobachtende Kamera machten Cléments Film neben Roberto Rossellinis »Roma città aperta« (»Rom, offene Stadt«) zu einem Gründungsfilm des Neorealismus, jener filmkünstlerischen Strömung, die das europäische Kino nach 1945 prägt. Der französische Kritiker André Bazin bezeichnete die Filme des ­Neorealismus als die »italienische Schule der Befreiung«. Diese neue Art, die Wirklichkeit im Kino zu erfassen, wurde auch aus der Erinnerung an den Partisanenkrieg geboren. Nachdem die Kinos im besetzen Europa von deutschen Kriegswochenschauen überschwemmt worden waren, suchten Filmemacher nach Erfahrungen, von denen es kaum Bilder gab, und wählten dafür zunächst die Form der Chronik.

Die Filme bezeugen etwas, das zuvor kaum bezeugt worden war. So ließ der polnische Regisseur Andrzej Munk in »Das blaue Kreuz« einen Sprecher erklären, dies sei eine »kleine Geschichte aus einem großen Krieg«, keine Episode, die in einem Feldbericht vermerkt sei, sondern nur in den inzwischen vergilbten Seiten der Bücher der Bergwacht. Munk verdichtet in der Geschichte von dem Transport eines Verwundeten über einen Bergpass auf poetische Weise das, was sich in vielen osteuropäischen Partisanenfilmen findet: den zentralen Erzähler, Rückblenden, die Verwundungen und Qualen von Kämpfern und Landschaftsaufnahmen, in der die Natur meist noch bedrohlicher wirkt als die Wehrmacht. Der Held in Arne Skouens unpathetischem Film »Ni liv« (»Soweit die Kräfte reichen«) schleppt sich durch eine gleißende Schneelandschaft, die ihn erblinden lässt, er wird verschüttet und muss sich abgefrorene Gliedmaßen amputieren. Skouens Film erzeugt mit subjektiven Bildern wie Halluzinationen ein Gefühl für die Situation des Ausgeliefertseins des einzelnen Partisanen. Der Partisanenfilm ist aber nicht allein auf den Neorealismus zu beschränken, doch findet sich der für diese Strömung so typische klare Zeitbezug in fast allen Partisanenfilmen wieder. In der Chronik soll das Publikum mit dem Partisanen eine historische Erfahrung teilen.