Die Immobilienwirtschaft ist empört über den Berliner »Mietendeckel«

Furien des Privatinteresses

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Auch der Verlust von Vertrauen in den Rechtsstaat ist eine Chimäre. Jede Gesetzesänderung verändert eine Sachlage, in deren Gültigkeit man vor der Veränderung Vertrauen hatte. Geklagt wird darüber immer nur von jenen, die etwas zu ver­lieren haben. Doch hat selbst das Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Urteil zur sogenannten Mietpreisbremse festgestellt, dass es zwar ein Recht auf Eigentum gebe, aber keines auf Profit. Investitionen bergen immer ein Risiko. Das ist das Kennzeichen einer Marktwirtschaft. Bezogen auf den Wohnungsmarkt äußerte sich das Bundesverfassungsgericht eindeutig: »Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieter mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen.«

Der Spiegel-Kolumnist Thomas Fri­cke zitierte jüngst eine Studie, wonach die Eigentümer von Immobilien seit 2011 aufgrund der gestiegenen Häuserpreise drei Billionen Euro an Vermögen gewonnen haben. Dieser Zuwachs landete bei den reichsten zehn Prozent der Deutschen. Die Mieten sind in diesem Sog immer mehr gestiegen, so dass die ärmsten 20 Prozent der deutschen Haushalte mittlerweile 40 Prozent ­ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben; Anfang der neunziger Jahre waren es noch 25 Prozent. Fricke fasst zusammen: »Das Ergebnis ist atemberaubend: Kein Teil der Gesellschaft ist durch den Immobilienboom so unfassbar viel reicher geworden wie die, die ohnehin schon zu den Reichsten zählten. Und keine Gruppe hat durch denselben Boom so viel an verfügbarem Einkommen ver­loren wie die, die ohnehin schon am wenigsten Einkommen haben.«

Diese Entwicklung hat eine Vorgeschichte. Durch die Privatisierung einst kommunaler Wohnungen haben sich die Städte um ihren Einfluss auf die Entwicklung der Mieten gebracht. Zugleich war diese Wohnungspolitik eingebettet in einen globalen Wandel, der unter anderem die Internationalisierung und Liberalisierung der Finanzmärkte beinhaltet. Gerade Immobilien, insbesondere in Deutschland, sind zu begehrten Renditeobjektten geworden – sie gelten nicht nur als lukrative, sondern auch als sichere Anlageform. Der Wohnungsmarkt trägt die Kennzeichen ­einer wirtschaftlichen Liberalisierung, wie sie sich in den vergangenen Jahren allgemein in allen Feldern der Daseinsfürsorge und in allen Lebensbereichen durchgesetzt hat. Profitiert haben davon vor allem die Kapitalbesitzer. Das ist es, was die Furien des Privatinteresses nun zu verteidigen haben.