Immer wieder versuchen rechtsextreme Sponsoren, im Fußball Einfluss zu gewinnen

Manchmal stinkt Geld doch

Immer wieder versuchen extreme Rechte und Rechtspopulisten, in Fußballvereinen als Sponsoren Einfluss zu gewinnen.

»Die salonfähigste Art, Rassismus in Deutschland zu promoten, ist Fußball«, sagte der Hamburger Rapper Samy Deluxe Anfang des Jahres in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, derzeit aber wird ihre Stichhaltigkeit wieder besonders deutlich. Mit dem Aufkommen rechtspopulistischer und rechtsextremer Bewegungen sowie den Erfolgen der AfD in den vergangenen Jahren ist auch die Zahl der Versuche, politischen Einfluss auf Fußballver­eine auszuüben, stark gestiegen. Viele Vertreter von Proficlubs wie zum Beispiel Eintracht Frankfurt, Werder Bremen und Union Berlin haben sich zwar öffentlich gegen die AfD ausgesprochen und beinahe alle Vereine unterstützen die verschiedenen Kampagnen des Deutschen Fußballbunds (DFB), des Europäischen Fußballverbands (Uefa) oder der Organisation »Football Against Racism in Europe« (FARE) gegen Rassismus. Doch parallel zur allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung gewinnen Rechtspopulisten auch im deutschen Fußball an Bedeutung.

In Dresden kandidierte der Gründer des Fußballmuseums, Jens Genschmar, in diesem Jahr auf der Liste der rechtspopulistischen Freien Wähler.

Auf der Jahreshauptversammlung des FC Augsburg kam es vergangenes Jahr zu einem Eklat, als ein Ultra die Anwesenheit des damaligen Stadtrats der AfD, Markus Bayerbach, zum Anlass nahm, um mit einer Rede spontan seiner Empörung Ausdruck zu verleihen. Die Anliegen der Partei vertrügen sich nicht mit der explizit antirassistischen und sozialen Ausrichtung des Vereins. »Vorhin ist er noch mit dem AfD-Plakat ums Gelände gelaufen«, rief der junge Mann den Anwesenden zu. Der überrumpelte damalige Aufsichtsratsvorsitzende Peter Bircks reagierte mit der Behauptung, der FC Augsburg sei »politisch neutral«. Präsident Klaus Hofmann sagte hinterher, dass keine der handelnden Personen in den Bundesligavereinen, beim Ligaverband DFL oder beim DFB »nur ansatzweise rassistische Gedanken im Hinterkopf« habe und er im deutschen Fußball keinen Rassismus kennengelernt habe.

Hofmanns Vorgänger als Vereinspräsident, Walther Seinsch, war dagegen deutlich engagierter. Er gründete die »Stiftung Erinnerung«, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Institutionen und Personen zu fördern, »die sich auf besonders wirkungsvolle Weise gegen das Vergessen, Verdrängen und Relativieren der von Deutschen in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen« wenden. Jedes Jahr vergibt sie den Marion-Samuel-Preis, benannt nach einem elfjährigen jüdischen Mädchen, das 1943 nach Auschwitz deportiert wurde. Marion Samuel, die als »verschollen« gilt, soll stellvertretend für alle Menschen stehen, die Opfer der Nazis wurden. Auf der Website des Vereins kann man in einem Interview nachlesen, was Seinsch, der ehemalige Geschäftsführer von Kik und Gründer von Takko, von den jüngsten Wahlerfolgen der AfD hält: »Die Gene der Menschen sind zu 97 Prozent mit jenen der Affen identisch. Soll heißen: Wir sind zu allem fähig – auch zur Wiederholung der Naziverbrechen.« Dagegen helfe nur eine feste Einbindung in die EU und die Vermittlung von politischem und historischem Wissen.

 

In den Niederungen des Fußballs gibt es mehrere Beispiele von Funktionären der AfD, die versuchen, in Sportvereinen oder deren Umfeld Fuß zu fassen. Im Mai veröffentlichte die Wochenzeitung Kontext eine Recherche, in der es um das politische Engagement eines Förderers des ehemaligen Bundesligisten Stuttgarter Kickers geht. Steffen Ernle, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens, fördert seit Jahren den Traditionsverein, der derzeit in der Oberliga Baden-Württemberg spielt. Zuletzt engagierte er sich vor allem im Förderkreis des Vereins, dessen Vorsitzender er im März wurde. Kontext zufolge kann Ernle auf eine lange Karriere in der extremen Rechten zurückblicken: Er war demnach Vorsitzender des vom Verfassungsschutz beobachteten extrem rechten »Cannstatter Kreises«, Funktionär der christlich-fundamentalistischen Partei »Christliche Mitte«, aktiv im deutschnationalen Andreas-Hofer-Bund und soll sich auch im Umfeld der »Konservativen Aktion Stuttgart« bewegt haben. Als Autor schrieb er für das rechtsextreme Magazin Nation und Europa und das Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft. Und er war Kontext zufolge zum Zeitpunkt seiner Wahl zum Vorsitzenden des Förderkreises stellvertretender AfD-Sprecher im Kreisverband Böblingen.

Bei den Kickers hatte sich Ernle schon lange als Sponsor engagiert, weshalb die Vereinsführung nach dem Bekanntwerden der politischen Aktivitäten Ernles schnell die üblichen verharmlosenden Floskeln bemühte. »Bei der AfD handelt es sich um keine verbotene Partei, das muss man irgendwo aushalten«, sagte Vereinspräsident Rainer Lorz der Stuttgarter Zeitung. Politisch seien die Kickers laut Satzung sowieso zur Neutralität verpflichtet. Ein paar Tage später trat Ernle vom Vorsitz des Förderkreises zurück.

Probleme wegen eines Sponsors bekam zuletzt auch der Drittligist Viktoria Köln. Anfang des Jahres wurde öffentlich bekannt, dass der geschäftsführende Gesellschafter der Firma WvM-Immobilien, Wolfgang von Moers, als Privatperson fünfstellige Summen an die AfD spendete. Dies geht dem Kölner Stadtanzeiger zufolge aus den Rechenschaftsberichten des Bundestags hervor. So soll Moers die Partei 2016 mit 15 000 Euro und 2017 mit 23 000 Euro bedacht haben. Während sich daraufhin der Kölner Hockey- und Tennis-Club Blau-Weiss von WvM als Hauptsponsor trennte, teilte Viktoria nur mit, sich überhaupt nicht mit der Sache zu befassen und sich auf den Sport konzentrieren zu wollen.

Gerade kleinere Vereine, die abhängig von den monatlichen Überweisungen örtlicher Handwerkerfirmen oder Bauunternehmer sind, können es sich oft nicht leisten, allzu genau hinzugucken, wenn es um die politischen Überzeugungen von Geldgebern geht. Das betrifft selbst bekannte Vereine wie Tennis Borussia Berlin. Nach dem Einstieg des Unternehmers Jens Redlich als Haupt­sponsor sahen sich Verein und Fans zunächst auf der Siegerstraße. Schnell wurde jedoch klar, dass Redlich als Vereinsvorsitzender mit der linken Fanszene auf Kriegsfuß stand. Er forderte »politische Neu­tralität«, setzte sich gegen das Hissen einer Regenbogenfahne mit dem Vereinslogo ein und stellte als Zeug­wart eine Person ein, die Kontakte zur extrem rechten Hooliganszene von Hertha BSC pflegt. Mittlerweile hat der Verein sich einen neuen Vorstand ohne Redlich ­gegeben.

In Dresden kandidierte der Gründer des Fußballmuseums, Jens ­Genschmar, in diesem Jahr auf der Liste der rechtspopulistischen Freien Wähler, weil sich Mitglieder seiner ehemaligen Partei FDP an der regelmäßigen Teilnahme ihres Stadtrates an den Pegida-Demonstrationen gestört hatten. Genschmar hatte zuvor mehr als zehn Jahre für die Freien Demokraten im Rathaus gesessen. Seit 1988 ist er Mitglied der SG Dynamo Dresden. Der Zweitligist äußerte sich auf Nachfrage von Journalisten nicht zu dem Thema. Genschmar schrieb der Sächsischen Zeitung zufolge in sozialen Medien, dass »Menschen, die der Religion des Islam anhängen, in der ›Mehrzahl‹ zu ›Terroristen‹ erzogen würden«. Andere Politiker bezeichnete er demnach in der Diktion der AfD als »Scheindemokraten«. So verwundert es nicht, dass neben ihm auch einer Gründer von Pegida, René Jahn, für die Freien Wähler zur Wahl antrat.