Small Talk mit Jonas Baliani über die Proteste gegen Rodungen für eine Elektroauto­fabrik von Tesla in Brandenburg

»Was wir brauchen, sind weniger Autos«

Small Talk Von

Die »Grüne Liga Brandenburg« erwirkte in der vergangenen Woche einen Rodungsstopp für ein Gelände in Grünheide, auf dem der Konzern Tesla eine Fabrik für Elektrofahrzeuge bauen will. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hob ihn jedoch bereits am Freitag wieder auf. Am Wochenende protestierten etwa 150 Menschen in ­Erkner gegen den Bau der Fabrik. Jonas Baliani, der sich mit dem Bündnis »Ende Gelände« an der Demonstration beteiligte, hat mit der Jungle World gesprochen. Das Bündnis distanzierte sich am Dienstag wegen einer der AfD nahestehenden Rednerin von der »Bürgerinitiative ­gegen die Gigafactory in Grünheide«.

Der Rodungsstopp wurde am Freitag voriger Woche aufgehoben. Wie bewertet »Ende Gelände« diese Entscheidung?

Für Industrien werden schnell Fakten geschaffen. Das wäre das Gleiche, wenn VW oder Daimler hier bauen würden. Für uns ist klar, dass sich Klimagerechtigkeit nur gegen diese Industrien durchsetzen lässt. Was wir brauchen, sind weniger Autos und keine Tesla-SUVs.

Andere Organisationen wie die Grüne Liga Brandenburg haben erklärt, sie seien nicht grundsätzlich gegen Tesla, sondern hätten nur ein Problem mit dem Standort. Sehen Sie das ­anders?

Tesla ist kein Teil einer sozial gerechten Verkehrswende. Normale Elektroautos sind im Schnitt zwölf bis 14 Prozent CO2-effizienter als Autos mit Verbrennungsmotoren. Und das auch nur, wenn wir uns auf einen Pfad begeben, auf dem der Kohlestrom zurückgedrängt wird. Mit dem derzeitigen Strommix in Brandenburg sieht es noch schlechter aus. Tesla baut nicht irgendwelche Elektroautos, sondern besonders schwere und schnelle Modelle. Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel ernst nehmen, müssen wir aufhören, SUVs zu produzieren.

Die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) hat den Bau auf Twitter als »Zukunftsinvestition« für »saubere Mobilität und Klimaschutz« bezeichnet. Wie erklären Sie sich die Begeisterung der Grünen für Tesla?

Wir kennen viele bei den Grünen, die das ganz anders sehen. Aber sobald die Grünen in die Regierung gehen, biedern sie sich der Industrie an und wollen nicht grundsätzlich mit der Idee des Wachstums in Konflikt geraten. Aber es gibt keine Möglichkeit, den Klimawandel aufzuhalten, ohne die Art, wie wir leben und produzieren, grundsätzlich in Frage zu stellen.

Wie geht »Ende Gelände« mit rechtsextremen Gruppen um, die sich in der Vergangenheit an den Protesten gegen Tesla beteiligt haben?

Die bekämpfen wir, wo wir können. »Zukunft Heimat« zum Beispiel hat uns in der Vergangenheit bedroht und angefeindet. Aber wir glauben, es ist auch die Aufgabe linker Kräfte, sich hier an den Protesten zu beteiligen und den Rechten klare Kante zu zeigen. Die Gewinnung der Ressourcen, die für den Bau der Elektroautos notwendig sind, sorgt für Menschenrechtsverletzungen in den ­Abbaugebieten des globalen Südens. Es ist ver­logen, wenn sich die Rechten gegen einen Autobauer stellen, nur weil er ein US-Konzern ist, aber bei allen anderen Umweltschweinereien schweigen.

Einige Personen haben nach Aufhebung des Rodungsstopps Bäume in Grünheide besetzt, Ende Gelände hat sich damit solidarisiert. Wie werden Sie weiter gegen Tesla vorgehen?

Alles, was die Bauarbeiten aufhalten kann, ist extrem wichtig. Aber wir können überall tätig werden. Tesla ist ein kapitalistischer Konzern, der versucht, uns SUVs als »grün« unterzujubeln. Dieses Image müssen wir ankratzen. Wir sind in einem Bündnis mit anderen Organisationen, die gemeinsam Veranstaltungen organisieren werden, um unsere grundsätzliche Kritik an der individuellen Elektromobilität stärker in die Debatte zu bringen.