AfD-Politiker gerieren sich gern als Hüter von Sitte und Moral. Wer in der Partei reüssieren will, sollte darum zumindest ein wenig Etikette wahren. Wolfgang Gedeon tat das nicht. Deshalb wurde der baden-württembergische Landtagsabgeordnete aus der AfD ausgeschlossen. Das entschied das Bundesschiedsgericht der Partei, wie am Freitag vergangener Woche bekannt wurde; Gedeon habe der Partei geschadet. Zuvor hatten zwei Landesschiedsgerichte einen Parteiausschluss abgelehnt.
Gedeon begrüßte noch im Januar den ehemaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt beim rechtsextremen »Dienstagsgespräch« in Berlin mit Handschlag (Jungle World 5/2020). In seinen Büchern schreibt er, die »Holocaust-Ideologie« sei »zu einer Art Zivilreligion des Westens« geworden. Die Shoah bezeichnet er als »gewisse Schandtat«. 2018 wies das Landgericht Berlin eine Klage Gedeons gegen den Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, zurück. Gedeon hatte diesem untersagen wollen, ihn als »Holocaustleugner« zu bezeichnen. Über die Vereinigung »Juden in der AfD« schrieb Gedeon: »Im günstigsten Fall ist diese Gründung überflüssig wie ein Kropf, im ungünstigsten Fall handelt es sich um eine zionistische Lobbyorganisation, die den Interessen Deutschlands und der Deutschen zuwiderläuft.«
Der promovierte Mediziner und frühere Maoist trat 2013 der AfD bei. Drei Jahre später zog er in den baden-württembergischen Landtag ein. Nachdem im Sommer 2016 unter den AfD-Abgeordneten keine Zweidrittelmehrheit für den Ausschluss Gedeons zustande gekommen war, spaltete sich die Fraktion für kurze Zeit, ehe Gedeon sie verließ. Im vergangenen Jahr scheiterte seine Wiederaufnahme in die Fraktion nur knapp an der dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit. Aber der AfD geht es darum, kulturelle Hegemonie zu erlangen. Dafür braucht es den Anschluss an die sogenannte politische Mitte. Krude Verschwörungsphantasien und allzu auffälliges Verhalten im Landtag sind da nicht hilfreich.