Unwirsche Bäckereifach­­ver­käuferinnen

Brot und Spiele

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Wer einen Scheißjob hat, muss nicht gut gelaunt sein. Und so versuchte die junge Bäckereifachverkäuferin am Sonntagmorgen gegen zwölf in der friesischen Provinz auch gar nicht erst, fröhlich und charmant zu wirken, kein Tschüssi und Hallöchen und kein vertrauter Plausch mit der Stammkundschaft, soweit man sehen konnte, nein, nix, sondern nur die Basics: Brötchen (oder Kuchen) gegen Geld, bitte, danke, Wiedersehen.

Das war schon vorbildlich und ermutigend, denn in Berlin hat der Frohsinnsterror schon seit längerem Einzug gehalten, was ein großes, vor allem durch zugezogene Journalisten und Journalistinnen hervorgerufenes Elend ist, die nämlich so lange in meist nur leidlich schön formulierten Kolumnen und Kommentaren »Servicewüsten« und was nicht noch alles beklagten, bis nur noch ein kleiner Teil des Verkaufspersonals sich traute, nicht dauerzugrinsen. Am Anfang mag noch die Hoffnung mitgespielt haben, dass diese Leute alle wieder weggehen, wenn man ihnen möglichst wenig Themen für ihre Ergüsse bietet, aber kaum wurden sie angelächelt, fanden sie nur noch mehr, was sie von ihrem anderswo her gewohnt waren und nun in Berlin dringend auch so haben wollten, tja, aber wir waren in der friesischen Provinz. »Kann doch mal vorkommen«, sagte die junge Bäckereifachverkäuferin auf den Einwand, dass sie da gerade Brötchen in die Tüte packe, die man gar nicht haben wollte, und dann fielen ihr drei herunter und sie kickte, statt ein großes Drama zu machen, die gefallenen Schrippen mit dem Fuß energisch unter die Theke, während sie sich darauf zu konzentrieren versuchte, was da eigentlich in die Tüte sollte, ach ja, die da vorne, fertig, noch was? Nein und danke und bitte und Wiedersehen und wow, was für eine Performance. Es besteht Hoffnung, jedenfalls an manchen Orten.