Fast ein Ritter

Cocolumne Von

Coco hört ja, wenn sie will, ganz gut. Wenn sie jedoch draußen etwas besonders Feines zu fressen findet, also zum Beispiel den schmackhaften Kothaufen eines anderen Hundes, ist sie nicht zurückzurufen. Oder wenn sie Wasser riecht. Man sieht, wie ihr Näschen in der Luft die Witterung aufnimmt, und dann stürmt sie Hals über Kopf los und ist erst zufrieden, wenn sie eine steile Böschung hinabgeklettert ist und sich in die Spree oder einen See oder auch im Wald in eine schlammige Pfütze hineingelegt hat. Sie legt sich ins Wasser, kühlt sich den Bauch, trinkt, planscht ein bisschen, und dann kommt sie wieder raus, nass und schmutzig und happy. Sie ist halt ein Wasserhund, was will man machen.

Ich sage jetzt immer zu ihr: Ich weiß nicht, wie du an deinen Führerschein gekommen bist. Das Verrückte ist nämlich, dass sie in anderen Settings sehr gut hören kann. Sie war – ohne die eigentlich üblichen zehn Trainingsstunden – einfach mal so bei einer Prüfung und hat sie auf Anhieb bestanden. Coco ist jetzt ein zertifizierter Malteser Besuchshund. Was sie dafür können muss? Vor allem niedlich, freundlich und den Menschen zugewandt sein. Das fällt ihr leicht. Doch das musste sie auch unter erschwerten Bedingungen unter Beweis stellen, etwa wenn ihr jemand ein paar Krücken vor die Nase wirft oder ein Wurstbrot fallen lässt. Tadellos hat sie alles pariert und bekam ein Malteser-Halstuch zur Belohnung. Sie darf jetzt pflegbedürftige Menschen ehrenamtlich in Heimen und Privathaushalten besuchen. Eigentlich ist sie ja als Trüffelsuchhund gezüchtet worden, doch nun scheint ihre Karriere eine andere Richtung zu nehmen. Mir soll es recht sein. Ist ja auch viel nützlicher.

Vielleicht nicht am besten, aber doch am liebsten sucht sie, ihrer Rasse gemäß, tatsächlich Dinge – oder auch Menschen. Und Hundekot. Und Wasser! ­Suchen und besuchen – das ist ihr ­Metier. Und immer so niedlich sein, dass man ihr nicht wirklich böse werden kann, wenn sie wieder mal ganz und gar nicht hören will. Ob das im Sinne der Malteser ist, mag ich nicht beurteilen, aber sie ist ja auch nicht gleich als »Ritter« oder »Dame« in deren Orden aufgenommen worden, der mit vollem Namen übrigens »Souveräner Ritter- und Hospitalorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem, von Rhodos und von Malta – früher zu Jerusalem, genannt von Rhodos, genannt von Malta« heißt, und eigentlich ein eigener kleiner Staat, genauer ein Völkerrechtssubjekt, mit eigener Währung und einem Beobachterstatus bei der Uno ist. Um Ritter zu werden, müsste Coco jedoch nicht nur Besuchsdienste bei Bedürftigen absolvieren, sondern auch an Krankenwallfahrten nach Lourdes ­teilnehmen. Außerdem bräuchte sie zwei Bürgen. Ich würde mich dafür verbürgen, dass sie ein guter Ritter wäre. Jedenfalls wenn kein Wasser in der Nähe ist.