Traumatische Leere
Es war einigermaßen bemerkenswert, dass eine der frühen und schlaueren Einschätzungen zum russischen Krieg gegen die Ukraine von Slavoj Žižek kam. Nicht, weil der slowenische Philosoph sonst zurückhaltend mit Kommentaren zur Weltpolitik oder verlegen um eine vorschnelle Beurteilung wäre. Immerhin hatte Žižek bereits im März 2020 als einer der ersten gleich ein ganzes Buch zur Covid-19-Pandemie vorgelegt und ist berüchtigt dafür, dass er für seine Filmanalysen den Film nicht gesehen haben muss. Das Bemerkenswerte war eher, dass seine Analyse ernst zu nehmen war.
Žižek hat sich eigentlich seit Jahrzehnten in der Rolle des traurigen marxistischen Clowns eingerichtet. Mit obszönen Witzen, abgetragenen Klamotten und Aldi-Tüte kommt er öfter wie eine Lachnummer daher, was in starkem Kontrast zu dem steht, was er sagt und schreibt. Die »Idee des Kommunismus« – so hieß eine Tagungsreihe, aus der Žižek drei Bände machte – ist sein Herzensanliegen. Zu seinem Werk zählen unzählige Essaybände – die aber zu großen Teilen aus seitenweise Eigenplagiaten und den immer gleichen Witzen über Stalin, Kot und den Realsozialismus bestehen –, und kürzlich erschien sein über 1 000 Seiten starkes Buch über Hegel. Ist irgendetwas an diesem Konglomerat aus dialektischem Materialismus, Lacan’scher Psychoanalyse und Ideologiekritik zu gebrauchen?
Žižek schließt aus einem gesellschaftlichen Widerspruch, der Widerspruch selbst müsse das Wesen der Gesellschaft sein.
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