Über den Unsinn von Doppelwörtern

Das Gefahrenpotential der Wortfeldarbeit

Das letzte Wort. Mit Doppelwörtern Bedeutung schaffen.
Das letzte Wort Von

Einfache Worte sind etwas für einfache Geister. Die Welt jedoch ist kompliziert, also muss man sich auch so ausdrücken, will man den eigenen Durchblick beweisen. Ein vielseitiges, leicht verwendbares Stilmittel hilft hier weiter: die guten alten Doppelwörter.

Ein Beispiel: Von einer »Verbindung« oder einer »Tradition« zu schreiben, scheint allzu gewöhnlich; »Verbindungslinie« und »Traditionslinie« hingegen suggerieren ein gewisses Abstraktionsniveau und klingen dabei noch hübsch anschaulich. Ideal! Besser gesagt, der Idealvorstellung entsprechend! Wer jetzt die Erwartungshaltung hat, dass da noch mehr geht, schätzt die Tatsachenlage richtig ein. Ein guter Diskussionsbeitrag entwickelt Argumentationslinien, indem er die Konfliktlinien benennt, entlang derer auf einem Themenfeld die zentralen Grabenkämpfe geführt werden. Dass die Frontlinie auf einer Karte verläuft, während Soldaten nicht an die Linie, sondern an die Front geschickt werden, interessiert ohnehin längst niemanden mehr.

Hat man einmal ein paar Erfahrungswerte gesammelt und kennt das Aufgabenprofil, kann man dem Wunschbild in jedem Themenspek­trum leicht entsprechen. Eine übermäßige geistige Kraftanstrengung erfordert es nicht. Dabei kann der Nutzeffekt dieses Maßnahmenkatalogs unter geeigneten Rahmenbedingungen erheblich sein. Oder müsste es »Bedingungsrahmen« heißen? Das wäre durchaus im Möglichkeitsrahmen, aber der Zeitrahmen lässt einen Klärungsprozess nicht zu.

Man braucht natürlich Spurenelemente von Sensibilitätsvermögen für den Bedeutungskontext, um die Zielvorstellungen zu erreichen, die man nicht aus dem Blickfeld verlieren sollte. Eine gekonnte Auswahlentscheidung bei der Sprachformulierung kann einem Textbeitrag bis in die Tiefendimensionen hinein die passende stilistische Farbgebung geb … , also, verleihen. Natürlich möchte man dabei Verdachtsmomente vermeiden, die die Fragestellung aufwerfen könnten, wo genau sich die Wortbildungsprodukte eigentlich auf der Bedeutungsebene verorten. Doch selbst bei Fehlleistungserbringungen ist das Gefahren­potential gering, innerhalb kurzer Zeiträume zur Zielscheibe von Hohn- und Spottprozessen zu werden. Wie man das am besten vermeidet, hat jüngst das Bundeslandwirtschaftsministerium demons­triert: nämlich indem man stets auf »die Einbindung einer breiten und heterogenen Akteurslandschaft« achtet. Worum es geht, ist dann schon bald vergraben unter gewichtigen Neologismen – feels good, means ­no­thing. Denn eigentlich gibt es keine Begriffe, die schlecht zusammenpassen, sondern nur solche, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen.