Pakistan leidet unter wieder­kehrenden Stromausfällen

Auf dem Trockenen

Pakistan steckt in einer Finanzkrise, Importe von Energieträgern wie Flüssigerdgas lassen sich immer schwieriger finanzieren. Das ist auch eine Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Zeitweilige Stromausfälle gehören in Pakistan seit Jahren zum Alltag. Doch am 23. Januar brach für einen Tag die Stromversorgung fast im ganzen Land zusammen. Der Blackout begann früh morgens im Süden, wenige Stunden später waren fast alle Haushalte des Landes mit 220 Millionen Einwohnern ohne Strom. Erst abends war die Stromversorgung in den meisten Teilen ­Pakistans wiederhergestellt.

Die genaue Ursache war zunächst unklar. Das marode Elektrizitätssystem führt oft dazu, dass Stromausfälle in einzelnen Regionen durch Überlastungseffekte im Netz auf andere Landesteile übergreifen. Doch haben die Stromausfälle in den vergangenen Monaten insgesamt an Häufigkeit zugenommen. Grund ist eine akute Versorgungskrise im Energiebereich: Pakistan ist vom Import von Erdgas, Kohle und Öl abhängig und importiert Strom aus dem Ausland. Die sich verschärfende Krise der pakistanischen Staatsfinanzen und der drohende Staatsbankrott sowie der Wertverfall der pakistanischen Rupie machen es jedoch seit Monaten immer schwieriger, die notwendigen Importe zu bezahlen. Der Financial Times zufolge hatte Pakistan bis Ende Januar etwa neun Milliarden US-Dollar an offenen Zahlungsverpflichtungen allein für den Import von Strom angehäuft, vor allem von chinesischen Anbietern.

Der pakistanische Botschafter sagte bei einer Energiekonferenz in Moskau im Oktober, Pakistan hoffe, LNG aus Russland beziehen zu können.

Anfang Januar verordnete die pakistanische Regierung deshalb Stromsparmaßnahmen. Beispielsweise sollten die Märkte um 20.30 Uhr abends schließen, Restaurants bereits um 22 Uhr. Staatliche Behörden wurden zum Energiesparen angehalten. Pakistan führte die Fünftagewoche wieder ein, nachdem die Zahl der gesetzlich erlaubten Wochenarbeitstage zuvor auf sechs erhöht worden war, um die Wirtschaftsleistung zu steigern.

Die Stromausfälle verschärfen ihrerseits wiederum die Wirtschaftskrise. Ein Vertreter der Textilindustrie, Pakistans wichtigster Exportsektor, sagte dem Fernsehsender ARY News, dass der Stromausfall am 23. Januar die Branche 70 Millionen US-Dollar gekostet habe.

Immer mehr Unternehmen fällt es außerdem schwer, die für ihre Produktion nötigen Grundstoffe zu importieren. Der US-amerikanische Radiosender NPR zitierte Anfang Februar einen hochrangigen Angestellten eines pakistanischen Hafens, der berichtete, dass sich bis Ende Januar 12 000 Container in pakistanischen Häfen angesammelt hätten, weil sich Banken weigerten, für die pakistanischen Abnehmer die üb­lichen Kreditbriefe auszustellen, mit denen die Bank für die Zahlung bürgt. Der Mangel an Devisen habe so zu einer »Lieferkettenkrise geführt, in der uns die Importe (inputs) fehlen, um exportieren zu können – und wir können keine US-Dollar verdienen, wenn wir nicht exportieren«, zitiert NPR den pakistanischen Ökonomen Ammar Khan. Es sei ein Teufelskreis.

Pakistan hatte ab 2015 zur Sicherstellung der Energieversorgung auf den Import von Flüssigerdgas (LNG) mit Schiffen gebaut. Doch in den vergangenen Jahren sind die Preise für LNG stark angestiegen. Mit dem Ende der Pandemiebeschränkungen in vielen westlichen Ländern und später auch in China stieg die weltweite Nachfrage. Hinzu kommen die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Nachdem Russland seine Erdgaslieferungen per Pipeline an die EU immer mehr reduziert und im vergangenen Sommer fast ganz eingestellt hatte, begannen die EU-Länder, weltweit LNG aufzukaufen, um die eigene Erdgasversorgung ­sicherzustellen. Für ärmere Länder wie Pakistan, aber beispielsweise auch Myanmar und Bangladesh, war das verheerend. Die South China Morning Post berichtete, bereits im Sommer hätten zwei der Lieferanten, mit denen Pakistan langfristige Lieferverträge abgeschlossen hatte, ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllt. Es sei für sie profitabler gewesen, die Vertragsstrafe an Pakistan zu bezahlen, als darauf zu verzichten, ihr LNG zu höheren Preisen an EU-Länder zu verkaufen. Die Situation sei für Pakistan derart ernst gewesen, dass der pakistanische Botschafter bei einer Energiekonferenz in Moskau im Oktober sagte, Pakistan hoffe, LNG aus Russland beziehen zu können. »Wenn die reichen Länder unser ganzes LNG wegnehmen, was wird dann aus uns?« zitierte ihn die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass. Doch auch Russland beliefert zunächst zahlungskräftigere und ­näher gelegene Abnehmer mit Flüssiggas, darunter auch immer noch die EU.

Pakistan verfügt über zahlreiche Erdgaskraftwerke. Doch weil eine Besserung der Gasversorgung nicht in Sicht ist, will die Regierung stattdessen die Kapazitäten zur Kohleverstromung vervierfachen, denn Kohle kann aus Pakistan selbst bezogen werden. Das würde zu höheren CO2-Emissionen führen, auch die Finanzierung und technische Ausführung sind unklar. China, das in der Vergangenheit Kraftwerke in Pakistan gebaut hat, hatte schon 2021 angekündigt, keine weiteren Kohlekraftwerke im Ausland mehr zu finanzieren.