Nach dem Raketenterror aus Gaza: Israels Dillemma. Ein Q & A
Über 700 Raketen haben Hamas und Palästinensischer Islamischer Jihad (PIJ) am Wochenende aus Gaza auf Israel abgeschossen. Bislang starben dabei vier Israeli, Hunderte weitere wurden schwer verletzt. Auch auf palästinensischer Seite kamen bei israelischen Luftangriffen mehrere Menschen ums Leben. Neben einem Anführer der Hamas und Mitgliedern der Milizen auch Zivilisten. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde mit ägyptischer Vermittlung ein Waffenstillstand geschlossen. Seitdem schweigen die Waffen.
Kurzer Versuch, einige Antworten auf häufig gestellte Frage zu finden:
Frage: Warum schießen palästinensische Terrororganisation erneut hunderte Raketen nach Israel
Antwort: Weil sie es können. Militärisch und politisch. Es ist so niederschmetternd einfach.
Sowohl Hamas als auch der Palästinensische Islamische Jihad (PIJ) verfügen über die Kapazitäten, solche Raketen vor Ort zu produzieren und entsprechende Abschussvorrichtungen herzustellen. Das ist vergleichsweise preiswert, sie dürften über tausende verfügen und haben bisher noch nicht einmal diejenigen mit größerer Reichweite, Tel Aviv, ja sogar Jerusalem treffen können, zum Einsatz gebracht.
Und politisch können sie es, weil sie wissen, dass ihnen nicht wirklich etwas geschieht.
Frage: Aber Israel kündigt doch harte Vergeltungsschläge an?
Antwort: Und was bringen die? Beide Seiten wissen doch seit geraumer Zeit, dass Luftschläge kaum Wirkung haben. Was will Israel denn treffen? Alle wichtigen militärischen Einrichtungen im Gazastreifen sind tief in Tunneln untergebracht, die wenigen oberirdischen befinden sich in zivilen Einrichtungen oder Wohnvierteln. Es gibt keine wichtigen militärischen Ziele, die einfach nur mit Luftwaffe zerstört werden können. Egal ob die Israelis nun zehn oder eintausend Einsätze fliegen. Avi Issarochov schreibt dazu in der Times of Israel, dass in den letzten zwei Tagen nicht ein einziger Soldat der Hamas zu Tode kam, und es nicht einmal gelungen sei, die Frequenz der Raketenabschüsse zu verlangsamen.
Von „Free Gaza from Hamas“ kann realistischer Weise also momentan in keiner Weise die Rede sein.
Die ganzen assymetrischen Kriege gegen Islamisten in den letzten Jahren, ob gegen Taliban, den IS oder Al Qaida, haben doch gezeigt: Mit Luftschlägen alleine richtet man so gut wie nichts aus gegen einen Feind, der sich darauf vorbereitet. Sie mögen ein wenig Infrastruktur zerstören, sie schwächen den Feind aber nicht wirklich. Ganz besonders nicht in Gaza, wo die Hamas und andere Organisationen Jahre Zeit hatten, sich entsprechend zu verbunkern. Wollte Israel Hamas und PIJ militärisch zerschlagen oder auch nur nachhaltig schwächen, müsste es erneut und für sehr lange Zeit in Gaza einmarschieren und den Streifen besetzen. Das aber will in Israel so gut wie niemand, es wäre zu teuer und würde zu viele Menschenleben kosten. Und außerdem wäre Israel dann wieder als Besatzungsmacht für knapp zwei Millionen Menschen verantwortlich. Der Horror jedes Politikers in Jerusalem. Es mag sich frustrierend anhören, aber politisch befindet sich die Hamas eindeutig im Vorteil.
Zudem wissen Hamas, PIJ wie alle anderen islamistischen Terrororganisationen auch, dass Israel versucht, wo immer möglich Zivilisten zu schonen und zivile Opfer zu vermeiden. Deshalb befinden sich viele militärische Einrichtungen in Wohnvierteln, in oder nahe bei Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten. Werden sie getroffen und sterben dabei unbeteiligte Zivilisten, ist jedesmal der internationale Aufschrei groß. Dann entstehen die Bilder, die diese Organisationen für ihre Propaganda brauchen und sich förmlich herbeisehnen. Auch das ist leider die Realität in diesen assymetrischen Kriegen.