Einsam wie ein Pottwal

Das Video "Ein Mann geht seinen Weg" zeigt einen fitten Führer, der ins Tal stieg, um die Gipfel zu stürmen

Eine einsame Eishütte im Gebirg. Ort nicht der Kontemplation, sondern des Kräftesammelns, Refugium eines Titanen. Die Kamera nähert sich adler-, greifengleich von oben, da tritt einer aus dem Halbdunkel der Hütte. Ist es Zarathustra? Mephisto? Arnold Schwarzenegger wenigstens?

Noch erblickt man nur den Rumpf eines in atmungsaktive Stoffe gehüllten Sportlers, seine Hände. Sie schnüren Reebok-Sportschuhe, neu glänzt der Ehering. Um die Handgelenke legt sich der Mann Gewichtbänder, heavy hands. Der unterfordert sich nicht, der mißt sich nicht an Menschenmaß, den Gewalten der Natur selbst trotzt er. Ein unbeugsamer Willen. Der macht seinen Weg. Es ist Jörg Haider.

Elektrische Gitarren intonieren eine Fanfare, von fern her scheint der Notschrei eines Pottwals zu dringen, der sich durch die blaue See frißt. So einsam ist er wie dieser Mann, der nun seinen Triumphzug beginnt. Der Mann läuft durch Frost und Eis ins Tal, trifft hier einige Holzhacker, grüßt da die knorrigen Waldarbeiter, zieht dort einem Alten den Karren mit Reisig aus dem Graben. Wortlos wie sein Volk, hält er sich nirgendwo auf, unbeholfen springt er über Baumstrünke, stapft durch den Schnee und ist schon weiter. "Ein Mann geht seinen Weg. Für die Zukunft Österreichs: Dr. Jörg Haider."

Stilisierte Filmkader fließen ins Bild, in ihnen erkennen wir die großen Erfolge Haiders wieder, darunter meldet das Telegramm: "jüngster nationalratsabgeordneter, landesparteiobmann in kärnten, sensationelle 10,5 %". Und immer wieder: "dr. jörg haider. dr. jörg haider. dr. jörg haider". Haider im Siegestaumel, Haider in der Talkshow, Haider preßt Waldheims Hand.

Ein Landrover bremst vor dem Dahin-Laufenden ab, Assistenten springen rasch heraus, legen Haider - als wäre er ein Boxer nach dem Fight - eine Jacke um, reichen ihm ein Handy. Aber

der Kampf beginnt erst, schon startet der Geländewagen. Ein Hubschrauber landet, Haider springt hinein. Es eilt, es eilt, die nationale Rettung duldet keinen Verzug. Haider diktiert, Haider weist an, Haider verhandelt (aber nichts ist davon zu hören), seine jungen forschen Manager telefonieren stehend vor flimmernden Laptops.

Dann - die Studiokapelle ackert unermüdlich - sieht man ihn wieder als den Bezwinger der Natur. Haider übt sich im sog. Wasserfallklettern, er erreicht einen Hügel, er steht am Kreuz. Da schaut er über die Berge. Die Kamera fliegt davon, einsam wie ein Adler, wie ein sterbender Pottwal, wie Dr. Jörg Haider.

Er stieg vom Berg ins Tal, richtete alles zum Besten und stieg wieder empor. Ohne ein Wort zu verlieren, halb Bauernbursch, halb Prometheus. Der Manager, der die Dorftrampel rettete, ein fitter Führer. Das alles ergibt einen Faschismus für die Land-Disco. Sounds und Schnitte, die modern sein sollen, aber so grobschlächtig sind wie "Life is Life" von Opus. - Wie Österreich überhaupt, seit die Hofräte ausgestorben sind.

Dann - nach dem Abspann und dem Dank an Reebok, fly haas und einen Tourismusverein - folgt die Aufklärung im Text. Zu Postkarten aus Natur und Arbeitswelt hören wir von den Werten der FPÖ: Freiheit, Gerechtigkeit, Heimat, Demokratie. "Anstand, Ehre und Moral" sollen wieder den "Gebrauch der Freiheit" bestimmen, und die "gewachsene ethnische Vielfalt", die die Vorfahren in Blut und Boden gepflanzt haben, muß unbedingt erhalten bleiben. Das Fit for Fun-Magazin, in dem man zuvor zu blättern glaubte, hat ein Inlet der Soldatenzeitung.