»Junge Freiheit« wird geklont

Die Österreich- Ausgabe des rechtsextremen Blatts erscheint jetzt unter dem Titel Zur Zeit

Bereits das Layout der neuen Zeitung signalisiert die Nähe zur Jungen Freiheit: Am vergangenen Donnerstag ist die Wiener Wochenzeitung Zur Zeit (ZZ) mit ihrer ersten regulären Ausgabe erschienen, nachdem Ende September bereits eine Nullnummer veröffentlicht wurde. Nach Angaben des Chefredakteurs Andreas Mölzer will "Zur Zeit alles, was nicht links ist, positiv kritisch beobachten und kommentieren" mit dem Ziel, eine "neue unverwechselbare, österreichische Identität" zu entwickeln. Die Zeitung ist das Nachfolgeblatt der Österreich-Ausgabe der völkisch-nationalistischen Berliner Wochenzeitung Junge Freiheit (JF).

Seit Oktober 1995 erschien neben der deutschen Ausgabe der JF eine separate für Österreich, die jedoch kaum inhaltliche und konzeptionelle Unterschiede zur Berliner Ausgabe aufwies und jetzt eingestellt wurde. Das Nachfolgeprojekt Zur Zeit zielt darauf ab, offen für "alle Entwicklungsmöglichkeiten" zu sein, ohne dabei die Anbindung an die JF wirklich aufzugeben. "Die Junge Freiheit-Österreich ist erwachsen geworden", sagt Mölzer, der neben regelmäßigen JF-Autoren auch den ehemaligen Korrespondenten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Andreas Graf Razumovsky, und Carl-Gustav Ströhm, vormals als Korrespondent für Die Welt und Christ und Welt aktiv, für das Projekt gewinnen konnte. Mölzer will das Schmuddel-Image, das der Jungen Freiheit ob ihrer extrem rechten Positionierung in Deutschland zu Recht anhaftet, loswerden und ist auch davon überzeugt, daß ZZ die Anzeigenkunden, die der JF fehlen, für sich gewinnen kann. Ein erster Hinweis dafür sei, daß Erhard Fürst, Verantwortlicher der Österreichischen Industriellenvereinigung, bereits für die Nullnummer der Zeitung einen Gastkommentar beigesteuert hat.

Daß die Ausrichtung von ZZ mit Ausnahme der anvisierten Orientierung auf Österreich wesentlich von der der JF abweichen wird, ist unwahrscheinlich. ZZ-Verlagsleiter Walter Tributsch möchte einen "rechten Falter" machen, d.h. ein "wertkonservatives, rechtsintellektuelles" Wochenblatt.

Was Tributsch mit Wertkonservatismus umreißt, charakterisierte Helmut Kellershohn, Herausgeber des Buches "Das Plagiat" und Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sozialforschung, - angewandt auf die Ideologie der Jungen Freiheit - als "völkischen Nationalismus", wobei dieser sich wesentlich aus dem Gedanken an die "Untrennbarkeit von Volk, Nation und Staat" zusammensetze. Strategisch geht es der JF darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem die rechtspopulistischen Wahlparteien in einen Diskurs zu denjenigen rechten Kräften treten, die auf die Erringung der "kulturellen Hegemonie" setzen.

Daß dies auch zum Konzept der Zur Zeit gehört, dafür bürgen Chefredakteur Andreas Mölzer wie auch der leitende Redakteur Jürgen Hatzenbichler. Der 1952 in Leoben geborene Mölzer war Mitglied der Länderkammer des Österreichischen Parlaments und als Grundsatzreferent der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) wie auch als Kuratoriumsvorsitzender des Freiheitlichen Bildungswerkes, der Stiftung der FPÖ, tätig. Er steht nach eigener Aussage in "ständigem Kontakt" mit Jörg Haider. Als Mitglied der FPÖ verfügt er über einen entsprechenden Beratervertrag. In der rechtsintellektuellen Zeitschrift Critic-n schrieb Mölzer 1991, daß der "mitteleuropäische Umbruch (...) die Wiederaufnahme der traditionellen österreichischen Rolle" erforderlich mache, als "deutsche Drehscheibe für die Völker Südostmitteleuropas". Dies sei eine Rolle, "die dieses Land von der provinziellen Insel der Saumseligen wiederum zur Nahtstelle geistiger Entwicklung in Europa" machen werde.

Jürgen Hatzenbichler, 1968 geboren, steht ein ganzes Stück weiter rechts als Mölzer: Er war 1985/86 stellvertretender Führer der Nationalen Front in Kärnten, die in Österreich inzwischen verboten ist. Nach Angaben des 1994 erschienen Buches "Das Plagiat" wurde er 1987 wegen Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes mit einer Geldstrafe belegt. Hatzenbichler schrieb u.a. für die neofaschistische Publikation Nation & Europa, die nationalrevolutionäre wir selbst und FAP-Intern, ehemals Organ der inzwischen verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Hatzenbichler war zeitweilig zuständig für das Ressort "Österreich" der Jungen Freiheit.