Über alles

Gesang

Gott sei Dank ist Weihnachten jetzt auch im Radio vorbei. Am 24. mußten wir schon morgens beim Frühstück allen diesen Leuten in der Hamburg-Welle zuhören, die beim Rundfunk anriefen und erzählen durften, wie sie das Weihnachtsfest verbringen wollen. Dieses Mal sollten sie auch noch was vorsingen, und da kennen die ja nichts. Die meisten sangen "I am dreaming of a white Christmas", danach wußten sie zum Glück nicht weiter. Der Rest sang "Jingle bells". Ich glaube ja nicht, daß nach "Jingle bells, jingle bells" gleich hinterher "ramtaramtata" kommt. Die Frau vom neuen Hamburger Bürgermeister war auch dran, allerdings war die vom Moderator angerufen worden, und gesungen hat sie nicht. Sie arbeitet beim Berufsförderungswerk und berichtete von der Weihnachtsfeier, die dort für die Mühseligen und Beladenen veranstaltet worden war. "Wir haben uns gegenseitig Mut zugesprochen", sagte sie. Mittags fuhr ich mit der jüngsten Nichte nach Kiel zu ihren Schwestern. Der Zug war sehr voll, und es waren eine Menge Leute dabei, die in ihre Telefone sprachen. Wir sangen dann ein Lied, das fing mit "Sind so kleine Handys, muß man doll drauf hauen" an. Der Quasi-Schwiegervater von der Ältesten sollte abends auch zugegen sein, deshalb verdrehte die Jüngste schon im Zug die ganze Zeit die Augen. Herr Dr. Merz ist 82, heißt Rudolf und nennt sie immer "kleines Prinzeßchen". (Zu mir sagt er "Jnädichste", er kommt aus Berlin.) Außerdem ist er halbblind und betrügt beim Kniffeln, weil er denkt, wenn er nicht gucken kann, dann können die anderen es auch nicht.

Die mittlere Nichte ist ein sparsamer Mensch; sie sammelte nach der Bescherung das Geschenkpapier und die Bänder ein, um alles im nächsten Jahr noch einmal zu verwenden. Eigentlich finde ich das in Ordnung, meine Mutter hat es auch so gemacht. Sie hat die Bänder sogar noch gebügelt. Der sechsjährige Sohn der Ältesten hatte die Transaktion nur ungefähr mitgekriegt und brachte einen nicht allzu zerknitterten Bogen: "Da. Den kannst du auch noch verkaufen."

Die Jüngste ließ sich von Herrn Dr. Merz dann im Laufe des Abends breitschlagen und kniffelte mit ihm. Weil sie es nicht einsehen kann, daß er immer gewinnt, drehte sie ihre Würfel auch heimlich herum, um viele Paschs zu kriegen. Er merkte es aber und sagte nachher zu uns: "Das kleine Prinzeßchen hat es aber faustdick hinter den Ohren!" Später sangen wir noch die deutsche Fassung von Rudolph the Raindeer (Rudi das Regentier), und dann war Weihnachten zu Ende.