Staffellauf für Deutschland

Mit einer Großkundgebung hat der Bund Freier Bürger - die aussichtsreichste Partei der extremen Rechten bei der Bundestagswahl - seinen Wahlkampf begonnen

Die Zeichen stehen auf Sturm: "Bitte tragen Sie durch zahlreiches Erscheinen dazu bei, daß die Veranstaltung zu einem unübersehbaren Protest der deutschen Bevölkerung gegen die Einführung des Euro wird", hatte die Bundesgeschäftsstelle des Bund Freier Bürger - Offensive für Deutschland (BFB) Mitte Februar in einem internen Schreiben Order an die Landesverbände gegeben. Und sie erschienen zahlreich: Rund 1000 BFB-Anhänger, darunter auch eine große Anzahl militanter Neofaschisten, fanden sich am vergangenen Samstag auf dem Platz vor der Frankfurter Paulskirche ein, um der BFB-Großkundgebung unter dem Motto "150 Jahre Demokratie in Deutschland" und "Volksabstimmung über den Euro" beizuwohnen.

Verhältnismäßig zahlreich erschienen auch die Antifaschistinnen und Antifaschisten, gut 200 Gegendemonstranten wollten nicht unwidersprochen zulassen, daß rassistische und neofaschistische Parolen unter dem Signet der "demokratischen Meinungsfreiheit" öffentlich Verbreitung finden können. Einige Versammlungsteilnehmer fühlten sich von den Kritikern so gestört, daß sie mit an Holzlatten befestigten Pappschildern zum Angriff auf die Antifaschisten übergingen. Nach Angaben der Polizei-Einsatzleitung wurden neun Gegendemonstranten festgenommen, "um diese Rangelei zu beenden". Frohen Mutes konnten nun die Rechtsradikalen den Worten ihrer Vorkämpfer lauschen.

BFB-"Wirtschaftsexperte" Bernd-Thomas Ramb, nebenbei auch ständiger Mitarbeiter der völkisch-nationalistischen Wochenzeitung Jungen Freiheit, stellte in seiner Einleitungsrede fest, "die heutigen Nazis" säßen "in Brüssel". Nach Ansprachen des Bundesvorsitzenden Manfred Brunner und des Generalsekretärs Heiner Ernst Kappel (MdL Hessen), beide ehemals Mitglieder der FDP, zogen die Rechtsradikalen zur Bundesbank. Dort startete der BFB, nachdem verschiedene Redner erneut ausführlich gegen die Einführung des Euro als "Einstiegsdroge für die Auflösung Deutschlands" gehetzt hatten, den groß angekündigten Staffellauf nach Bonn. Die "gesammelten Unterschriften gegen die Einführung des Euro" sollten nach mehreren Staffel-Etappen am Montag am Regierungssitz eintreffen. Wie erfolgreich die Unterschriftensammlung zur Initiierung des "Volksbegehrens Rettet die D-Mark" tatsächlich gewesen ist, blieb bis Redaktionsschluß das Geheimnis des BFB: Niemand war bereit, zu dieser Frage eine Erklärung abzugeben.

Der BFB dürfte die rechtsextreme Partei mit den besten Chancen auf den Einzug in den Bundestag sein: Er vereint nahezu alle Kräfte der Rechten, denen die NPD zu offen faschistisch und die Regierungskoalition nicht rechts genug ist. Neben der Gründung zahlreicher neuer BFB-Verbände auf regionaler Ebene, besonders in Niedersachsen und Hessen, bemüht sich die Partei um weitere rechte Kräfte. Mit der Deutschen Partei (DP) wurde Anfang Februar eine gemeinsame Kandidatur bei der Bundestagswahl vereinbart; Gespräche zwischen dem Rep-Vorsitzenden Rolf Schlierer und Kappel über die Verbesserung der Zusammenarbeit haben ebenfalls bereits stattgefunden.

Durch eine geschickte Personalpolitik versucht man weitere Wählergruppen anzuziehen. So vertritt der neue stellvertretende BFB-Vorsitzende Paul Latussek, der gleichzeitig Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV) ist, die "Heimatvertriebenen". An der BdV-Basis genießt Latussek großes Ansehen; die BdV-Landesverbände Ostdeutschlands haben erst kürzlich erklärt, es sei das "legitimes Recht zur Absicherung der Interessenvertretung", Einfluß auf das Wahlverhalten der "Vertriebenen" zu nehmen. In einem Artikel in der Junge Freiheit hatte Latussek im Januar darauf hingewiesen, daß die Forderung nach einem "Recht auf die Heimat und das Eigentum in der Heimat" nur durch eine Veränderung des "politischen Willens" durchzusetzen sei. Die Wahlen in diesem Jahr seien dazu die "letzte Chance".

Eine andere Klientel wird von Markus Roscher bedient, der inzwischen ebenfalls stellvertretender Vorsitzender des BFB ist. Neben den nationalliberalen Dissidenten, die mit ihm zusammen den Berliner Landesverband der FDP verlassen haben und denen, die Kappel in Hessen gefolgt sind, versucht er die rechtskonservativen Kräfte der Unionsparteien für den BFB zu gewinnen. So erstattete Roscher vor wenigen Wochen Strafanzeige gegen Helmut Kohl und andere Unionspolitiker, die sich der "Falschaussage" im Zusammenhang mit den Enteignungen in der SBZ zwischen 1945 und 1949 schuldig gemacht hätten. Die Enteignungen und die Bodenreform müßten, so Roscher, rückgängig gemacht werden, wozu die Unionspolitiker nach Aussage Michail Gorbatschows auch das Recht hätten. Für Kohl könne Roschers Anzeige einen "schweren Vertrauensverlust" auslösen, triumphierte das Ostpreußenblatt, und zwar besonders bei "alten CDU-Stammwählern". Unterstützt werden Roschers Bemühungen von dem Hamburger CDU-Politiker Heiko Peters, der seit gut einem Jahr kostspielige Kampagnen gegen die Enteignungen initiiert und sich bereits an dem Gründungstreffen der "Offensive für Deutschland" - Kappels Projekt vor der Fusion mit dem BFB - beteiligt hatte.

Wirft man einen Blick auf die Konzepte des BFB, so lassen sich auch hier zahlreiche extrem rechte Stereotype finden. So fordert der BFB die "Wiederherstellung der Normalität in Deutschland", was heiße, die "kulturelle und nationale Identität" des "deutschen Volkes" zu stärken und gegen die "rituelle Vergangenheitsbewältigung" eines "neurotischen" Deutschland einzutreten. Die "Diffamierung der Wehrmacht" soll beendet, die Familie gestärkt und die Landwirtschaft geschützt werden. Der "Steuersozialismus" der Regierung führe zu "staatlicher Entmündigung", bei welcher der "Mittelstand als Stabilitätsfaktor" ruiniert werde. Durch die "Einführung des Mehrheitswahlrechts" will der BFB "die Parteienoligarchie" schwächen, um "Persönlichkeiten" zu stärken. "Wer das Gastrecht mißbraucht, muß es verlieren", denn der BFB versteht sich als "inländerfreundlich". Flüchtlingen sollen anstelle von Geld "Sachleistungen" zukommen, außerdem sei es nicht hinzunehmen, daß Deutschland das einzige Land der Welt sei, welches "ein individuelles Grundrecht auf Asyl" gewähre.

Besonders betont wird selbstredend auch der nationale Kampf gegen den Euro. Karl Schachtschneider, einer der vier Wissenschaftler, die beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Einführung des Euro eingereicht haben und Mitautor des bei Rowohlt erschienenen neuen Bestsellers der Rechten "Die Euro-Klage", hatte zusammen mit Manfred Brunner 1994 den Bund Freier Bürger gegründet.