Schweigegeld für Zwangsarbeiterinnen

"Freiwillige materielle Zuwendung" an ehemalige Zwangsarbeiterinnen hat der Rüstungskonzern Diehl vergangene Woche angekündigt. Die Firma vermied, das Wort "Entschädigung" zu gebrauchen, um einem Schuldeingeständnis aus dem Weg zu gehen. Die Rolle des Rüstungsfabrikanten in der NS-Zeit war letztes Jahr bekannt geworden, als die CSU den Seniorchef, Karl Diehl, für die Ehrenbürgerwürde Nürnbergs vorschlug. Karl Diehl war während der NS-Zeit Vorsitzender des Konzerns und als solcher verantwortlich für die Einstellung von Zwangsarbeiterinnen aus den KZs Stutthof, Flossenbürg und Groß-Rosen, die zum Teil in betriebseigenen Außenlagern arbeiteten (Jungle World, Nr. 4/98).

Obwohl die Aktivitäten des Konzerns hinreichend bekannt waren, wurde Diehl mit den Stimmen von CSU, Rep, FDP und Freien Wähler Ehrenbürger Nürnbergs. Es folgten internationale Proteste, Mitglieder der Jury des Nürnberger Menschenrechtspreises drohten mit Rücktritt, der israelische Friedensaktivist Abi Nathan überlegte sich, den Preis zurückzugeben. Schließlich ließ sich der Diehl-Sohn Werner herab, nach Tel Aviv zu reisen, um dort ehemalige Zwangsarbeiterinnen zu besuchen, und bot in diesem Zusammenhang die "materiellen Zuwendungen" an. Da Diehl diese Zuwendungen an die Bedingung des Stillschweigens knüpfte, gibt es keine weiteren Informationen über Höhe und Modalitäten der Zahlungen.

Karl Diehl ist sich immer noch keiner Schuld bewußt: Er habe lediglich die Forderungen des NS-Regimes "bei Gefahr für Leib und Leben" erfüllt, und seinen Zwangsarbeiterinnen immerhin die "relativ besten Bedingungen gegeben". Die ehemaligen Zwangsarbeiterin Helga Wolfowicz schilderte diese Bedingungen so: "Jedesmal, wenn ich die Arbeitslupe weglegte, kam der Meister mit dem Hammer und schlug mir auf die Finger".