Dollars oder Fatwa

Es scheint, als ob der iranische Präsident Mohammad Khatami in die Fußstapfen des 1979 gestürzten iranischen Kaisers treten will. Bei einer Ansprache vor der UN-Vollversammlung in New York erinnerte Khatami vergangene Woche die USA an die einst guten Beziehungen des Westens zum Schah und forderte US-Geldgeber auf, erneut im Iran zu investieren. Seine Regierung sei bereit, auf die Ausführung des vor neun Jahren verhängten Todesurteils (Fatwa) gegen den britisch-indischen Schriftsteller Salman Rushdie zu verzichten.

Die britische Regierung nahm das Angebot dankbar an - die diplomatischen Beziehungen zum Iran sollen wieder aufgenommen werden. Doch die Geschichte hat mehrere Haken: Khatami ist gar nicht befugt, über eine Aufhebung der Fatwa zu entscheiden. Zudem hatte der frühere religiöse Führer des Iran, Ayatollah Chomeini, nicht nur die iranischen, sondern alle Muslime aufgerufen, Rushdie zu töten. Auch daß die konzernartige islamische Stiftung 15. Khordad nicht aufgelöst werden soll, läßt die propagierte Aufhebung der Fatwa als Propagandatrick erscheinen. Bei der Stiftung 15. Khordat handelt es sich um eine der mächtigsten Säulen der Macht in der Islamischen Republik Iran, die erst kürzlich das Kopfgeld für Rushdie auf 2,5 Millionen Dollar erhöht hatte.

Hinzu kommt, daß der Grenzkonflikt mit Afghanistan noch nicht ausgestanden ist. Khatami betonte am letzten Freitag während einer Militärparade in Teheran, die afghanischen Taliban müßten befriedet werden, "ohne die militärischen Kräfte" einzusetzen, die an der Ostgrenze des Iran nach wie vor kriegsbereit warten.