Kurse für Faschisten
Wenn Vordenker des Faschismus sogar als Namensgeber für akademische Zentren in Russland gewählt werden, ist das ein Skandal. Doch hätten womöglich nur wenige davon Kenntnis erhalten, wären da nicht eine Gruppe widerständiger Studierender und die Nachfolgeorganisation des sowjetischen Jugendverbands Komsomol gewesen. Sie haben eine öffentliche Debatte über die ideologischen Fundamente der russischen Bildungspolitik ausgelöst, die in ihrer Bedeutung weit über den akademischen Bereich hinausreicht und zumindest für den Moment Fragen über die inhaltliche Ausrichtung der staatlichen Propaganda aufwirft, die den Kreml in Erklärungsnot bringen.
Stein des Anstoßes ist ein an der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität (RGGU) in Moskau angesiedeltes Zentrum, das den Namen Iwan Iljins trägt und unter Leitung des neurechten Ideologen der sogenannten Eurasien-Bewegung, Aleksandr Dugin, steht.
Am 12. April veröffentlichte eine studentische Initiative auf der Petitionsplattform Change.org einen Aufruf, der bis Dienstag knapp 25.000 Unterschriften erhalten hat. Darin heißt es, ein Wissenschaftszentrum einer der führenden Universitäten im Land, das den Faschismus besiegt habe, dürfe nicht nach einem Anhänger faschistischer Ideen benannt werden. Die Studierenden fordern die Umbenennung des Zentrums und eine Abstimmung mit ihrer Beteiligung über einen neuen Namen.
In den nuller Jahren begann Wladimir Putin, Zitate von Iwan Iljin in seine Auftritte einzubauen. Dessen Anschauungen spiegeln zentrale Wesenszüge des russischen Regimes wider.
Der russische Philosoph Iwan Iljin, der in Fachkreisen für seine eigenwillige Hegel-Rezeption bekannt ist, wurde in den neunziger Jahren wiederentdeckt.
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