Jason Priestley

Führungskraft

Die Fernsehserie "Beverly Hills 90210" kommt - nationale Unterschiede eingerechnet - dem durchschnittlichen Teenager-Leben ziemlich nah: Da wie hier passiert nichts. Ein Haufen Jugendlicher klumpt aufeinander und beschäftigt sich mit alltäglichen Sorgen: Eltern, Magersucht, Freund, Freundin. Ein bißchen was Kriminelles, leichte Drogen, Oberschulgedöns und viel Moral. Zu Beginn der Neunziger war das so etwas wie die populäre Infragestellung des Karrieremenschen im Mittel-Klasse-Milieu. Die Machart - innere und äußere Konflikte innerhalb einer überschaubaren Gruppe ansehnlicher Leute - erwies sich als äußerst erfolgreich. Serien wie "Melrose Place" kopierten das Schema.

"Beverly Hills" hatte ein KomplettAngebot von Projektionsflächen hervorgebracht; im Zentrum standen das Zwillingspaar Brenda (die wegen ihrer Ausraster bekannt gewordene Shannon Doherty) und Brandon, gespielt von Jason Priestley, inzwischen 30, Kind einer Schauspielerin und eines Möbelverkäufers: Priestley, der kanadische Kinderstar, der mit acht schon für den Film "Stacey" und für Werbespots vor der Kamera stand, verkörperte ein ganz besonderes Bild des Teenagers: Immer gut aufgelegt, bastelte er an seiner Karriere, wurde mal College-Sprecher, mal erfolgreicher Journalist. Während die anderen im Dreck saßen, schlief er mit der Tochter des Uni-Präsidenten.

Weil Priestley in der Sendung ein wenig wie der Chef wirkte, fiel er auch als Schauspieler in besonderem Maße auf. Wie eine Entsprechung wirkte es, daß er den kühlen Kopf auch am Set bewahrte: Ein paar "Beverly Hills"-Folgen hat er selbst produziert. Wie alle diese Soap-Stars war er auf der Suche nach höheren Weihen und hatte sich schon vor der Teeny-Serie durch verschiedeneTV- und Theaterrollen gearbeitet. "MacGyver", wäre hier zu nennen, wo er ein paar Engagements hatte (Priestley: "Ich spielte einen Jungen mit vielen Problemen, der am Ende erschossen wird").Priestley wird immer wieder mit Michael J. Fox verglichen, nur, weil der auch aus Kanada kommt. Hierzulande war Priestley vor zwei Jahren in dem Film "Cold Blooded" auf der Leinwand zu sehen: Weil er keine Arbeit hat, geht er als Killer jobben. Unter seinen Opfern: ausgerechnet Michael J. Fox, dem Priestley eine Kugel in den Kopf feuert. "Cold Blooded" bezeichnete das Ende der Serien-Killer-Ära Mitte der Neunziger, die sich von "Henry" bis zu "Sieben" zog. Priestleys Mörder war der Distanzierteste. Die Technik offensiver Abwesenheit lernte er auf der Schauspielschule nach der Methode Stanislawskis.

Seine Selbsteinschätzung ist glatter Hohn. Und auch wieder nicht: "Wenn es darum geht, Stimmungen einzufangen, bin ich eigentlich sehr sensibel." Priestley hat es geschafft, sich vom Serien-Helden ins unabhängige Kinofach vorzuarbeiten und sich dabei im letzten Film "Love and Death on Long Island" sogar unfreiwillig ein Queer-Image zugelegt. Er zeigt die Generation der Karriere-Kids mit netter unrasierter Fresse, die bis 30 wissen, wo sie hinwollen, und dabei noch erotisch wirken.

Danach, wenn auch die Haare auf der Brust dichter werden, wird es düster in der US-amerikanischen Werteküche. Und wieder ist das erotisch. Priestley: "Ich glaube, wenn man erwachsen wird, hat man sich auf eine ganz Reihe von Werten und Moralvorstellungen festgelegt. Als Erwachsener kann ich daher nur sagen, daß ich einige Werte sehr wichtig nehme." Wie weise.