Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Michaela Lindner ist nicht mehr Bürgermeisterin von Quellendorf

Gesehen habe ich das Spiel damals nicht. Das lag nicht etwa daran, daß wir keinen Fernseher gehabt hätten, sondern daran, daß wir nicht zu Hause waren, weil wir etwas anderes vorhatten. An diesem Abend war ich nämlich mit meinen Eltern und der Verwandtschaft im Görlitzer Burghof, einem gehobenen Restaurant, das es heute nicht mehr gibt. Wir hatten dort eine Familienfeier, aus welchem Anlaß weiß ich allerdings nicht mehr - möglicherweise war sogar ich dieser Anlaß, denn im Sommer 1974 war ich gerade mit der 10. Klasse fertig geworden, ich war damals 16 und noch in dem Alter, in dem man mit den Eltern ausgeht.

Es gab an diesem Abend also, warum auch immer, für unsere Familie ein festliches großes Abendessen mit mehreren Gängen. - Bei dem Sparwasser durchaus eine Rolle spielte, denn in der Küche wurde das Fußballspiel vom Personal im Fernsehen sehr wohl verfolgt. Der Kellner war daher immer über den aktuellen Spielstand orientiert, manche Gäste fragten ihn sogar diskret danach, wenn er durch die Gaststube ging. Als dann Sparwassers Tor für die DDR gefallen war, gab's für ihn kein Halten mehr, da verkündete er das 1:0 für alle - laut durch das Saal-Mikrophon.

Mein Interesse für Fußball war damals schon sehr gering, aber meinen Vater hat das Ergebnis sehr gefreut - wie die anderen im Burghof auch.