Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Bernd Imgrund ist Redakteur der Kölner StadtRevue

Da saß ich zehnjährig auf der gen Fernsehschrank ausgerichteten Polstergarnitur, zwischen meinem jüngeren Bruder und meinem Vater, dessen Ernst Huberty & Konsorten weit in den Schatten stellenden Co-Kommentare mir früh einbrannten, daß Fußball die wichtigste Sache der Welt ist.

Die DDR, das waren die, die unser Deutschland unverschämterweise zu "BRD" verkürzelten, die diese lächerlichen Autos fuhren, während unser Benz auf dem Weg zu den Thüringer Verwandten stets vollgepackt mit Obst und Kaffee war, weil die drüben ja nix hatten. Dann stehst du in dieser endlosen Schlange vor der Grenze, dein Papa fluppt eine Ernte 23 aus dem Seitenfenster, und prompt kommt so ein olivgrüner Wichser an und bedeutet: "Sie haben da was verloren", woraufhin das Familienoberhaupt brav aussteigt und seine Kippe einsammelt.

Klar, für jene WM-Niederlage hätten wir Helmut "den Langen" Schön gerne einen Kopf kürzer gesehen. Weitaus besser erinnere ich mich allerdings an das Endspiel, speziell an ein Ereignis nach dem Schlußpfiff: Nachdem während allen Spiele die heruntergelassenen Rolläden für komplett reflektionsfreie Verdunkelung gesorgt hatten, riß der Alte nun die Balkontür auf, die Arme hoch und brüllte "Weltmeister" über die Gartenanlagen! Ein ebenso heroischer wie ungemein peinlicher Moment - nicht zuletzt, weil schräg gegenüber die schöne Andrea wohnte, in die ich damals verknallt war. Völlig unverständlich blieb mir, warum sich kein einziger anderer Siedlungsvater blikken ließ und seinem Nationalstolz Ausdruck verlieh.

Und was die DDR anging: Die kriegten auch nach dem nächsten Rosenmontagszug wieder ihre Pakete mit Kamellen jener Geschmacksrichtungen, die meinem Bruder und mir nicht so genehm waren.