NRW ohne Superminister

Ahab am Rhein

Es war eine Havarie mit Ansage. Nicht nur der grüne Koalitionspartner und die CDU-Opposition, auch alle 23 Präsidenten der Oberlandesgerichte und der Landgerichte in Nordrhein-Westfalen hatten die von SPD-Ministerpräsident Wolfgang Clement im Alleingang verfügte Zusammenlegung des Justiz- und des Innenministerium scharf kritisiert. Aber Clement hielt entschlossen Kurs. Das "Superministerium" sei "verfassungsrechtlich unangreifbar", urteilte der Jurist. Jetzt hat er den erwarteten Schiffbruch erlitten.

Die CDU-Fraktion hatte dagegen geklagt, daß Clement seine Entscheidung ohne Einbeziehung des Parlaments getroffen hatte. Die Richter des Landesverfassungsgerichts Münster gaben der Klage statt: Der Ministerpräsident habe "keine ausschließende Kompetenz zur Errichtung von Ministerien". Die Tragweite des Entschlusses verlange eine Zustimmung des Parlaments.

Die Richter ließen keinen Zweifel daran, daß sie eine Fusion für verfassungsrechtlich bedenklich halten. Einwände gegen eine Aufhebung der Gewaltentrennung hatte Clement abgetan. "Die Selbständigkeit der Organisationen von Staatsanwaltschaft und Polizei bleiben selbstverständlich auch künftig erhalten." Doch gerade bei den Staatsanwaltschaften wird's schwierig. Sie sind an die Weisungen des Justizministers gebunden und auch für die Verfolgung von Straftaten innerhalb staatlicher Organe zuständig. Eine Zusammenlegung von Justiz- und Innenressort bedeutet z.B. im Falle eines Polizeieinsatzes, daß derselbe Minister den Einsatz zu verantworten hat und im Falle von Grundrechtsverletzungen durch die Polizei für die Aufklärung der Vorkommnisse zuständig ist. Er müßte sich also selbst kontrollieren - oder könnte genau das verhindern.

Doch der Ministerpräsident beabsichtigt ohnehin nicht, den Landtag einzubeziehen: Die Grünen hatten sich gegen die Fusion ausgesprochen - aber nichts dagegen unternommen, da diese in der Richtlinienkompetenz des Regierungschefs liege.

Welche Konsequenzen Clement aus dem Urteil ziehen wird, ist bislang unklar. Von seiner ersten Erklärung, aus seiner Sicht mache es keinen Sinn, 15 Monate vor der nächsten Landtagswahl einen neuen Justizminister zu benennen, daher solle Innenminister Fritz Behrens kommissarisch auch das Justizressort weiter verwalten, ist er inzwischen wieder abgerückt. Nun erwägt Clement, entweder das Justizministerium der Staatskanzlei zuzuschlagen, oder doch noch einen neuen Minister zu ernennen. Eine Entscheidung soll nach Karneval getroffen werden. Käpt'n Ahab vom Rhein ist immer für eine Überraschung gut. Daß er das Urteil einfach hinnehmen wird, darf nicht erwartet werden. Denn, so Clement: "Das widerspricht meinem Naturell."