News von Handke

Peter Eastwood

Es ist vor dem Pessimisten zu warnen, der sich zurückzieht, um seinen Garten zu bestellen. Denn wer einen Garten hat, achtet auch darauf, daß ihm das fahrende Volk nicht hineinpißt. Er errichtet einen Zaun. Erst kennt er "mein" und "dein", bald unterscheidet er Ansässige und Fremde, schließlich Menschen und Unmenschen. Er hat die Grenze gezogen: innen Idyll, außen wälzt sich die "Schmutzflut" (Handke).

Peter Handke wandelte in seiner Kindheit im Siebten Land, einem riesigen verwunschenen Garten in Jugoslawien. Nun sitzt er in "meinem Haus und in meinem Garten" bei Paris, das ist für ihn "selbstproklamierte Enklave". Die extreme Verengung des Blickfelds hat ihm nicht gut getan. Man hat ihm das Land weggenommen, in dem ein "Wasserübergang" sich "als Brücke spüren" ließ, eine "Wasserfläche" als "See"; das Land der Eigentlichkeit, das Land, in dem von jeher die europäische Reaktion ihre Truppen aushob.

Nachdem das Traumland nicht mehr oder fast nicht mehr da ist, schwemmt Handkes Wut immer neue alte Klischees und Ressentiments hoch: Da stehen auf der einen Seite z.B. der serbische Außenminister in "seiner unnachahmlich vornehmen und zugleich urwüchsigen Art", auf der anderen ungebildete albanische "Bauern" und "Clans" aus dem Kosovo; "die Zertifikate ihrer Parallelschulen wurden nirgendwo in Europa anerkannt, denn das war absolut kindisch". Dagegen geht man in Jugoslawien, z.B. in Kragujevac, nicht malochen, sondern in ein "wunderschönes Werk (Ö), das industrielle Zentrum, das Herz Jugoslawiens. (Ö) Der Mensch hat begonnen, ein Mensch zu werden, als er sich das Werkzeug angeeignet hat." Ja, der serbische Mensch, die Albaner dagegen sind noch nicht so weit. Sind sie überhaupt Menschen? Man müßte es, glaubte man Handkes Ausführungen (u.a. in News), bezweifeln. Denn von der kosovo-albanischen "Clanbevölkerung ging der Krieg aus". Sie logen der Welt etwas von serbischen Verbrechen vor, und das "Herz der Finsternis", das Oval Office - so etwas wie das künstliche Herz, im Gegensatz zum "Herz Jugoslawiens" -, ließ diesen Lügen Bomben folgen.

Den Rest der Lektüre überlasse ich den Pedanten. Ich erwarte aber nicht, daß die deutsche Linke Handkes Schmutzflut degoutant finden wird. Sein Rassismus ist mit dem derjenigen Kriegsgegner vereinbar, die auch schon die Albaner als einen muslimischen Verbrecherclan hingestellt haben oder empfahlen, bosnische Asylanten nicht zu unterstützen, weil sie geborene Kapitalisten seien. Darüber ist nichts mehr zu sagen.

Was aber immer lächerlicher wird, ist die Pose des einsamen Cowboys, in der sich Handke - und nicht nur er - gefällt: "Wenn 1 000 Leute immer dasselbe sagen, und dann kommt einer und sagt, ich habe etwas anderes erlebt, dann wird der lächerlich sein." Heroische Einsamkeit. Vielleicht hätte er diese vor drei Jahren noch mit einiger Berechtigung behaupten können. Gegen diesen Krieg ist ein großer Teil der Europäer, z.B. die Mehrheit der Ostdeutschen und eine nicht zu unterschätzende Minderheit der Westdeutschen. Handke findet an seiner Seite Alain de Benoist und Robert Hue. Einsam mag einer sein, der im Auswärtigen Amt oder in der "Tagesschau"-Redaktion gegen die Nato Stellung nimmt. Aber in der europäischen Öffentlichkeit braucht sich ein Kriegsgegner nicht verlassen vorzukommen.

Man sieht hier ein ganzes Rudel einsamer Clint Eastwoods aufgaloppieren, von denen jeder behauptet, allein gegen den Rest der Welt zu kämpfen. Selbst wenn es so wäre: Ein Macho ist niemals allein, sowenig wie ein Rassist.