Antisemitismus in Ägypten

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Daß regierungsnahe Zeitungen in Ägypten seitenlang Leugner der Shoah und Geschichtsrevisionisten zu Wort kommen lassen, ist weder neu noch selten. Doch bis zum Wahltag in Israel versuchten sich die ägyptischen Zeitungen in den vergangenen Wochen mit antisemitischen Hetzartikeln gegenseitig zu überbieten.

"Eines der Bilder, mit denen die Juden ihre Lügen rechtfertigen" lautete beispielsweise die Unterzeile eines Bildes mit Überlebenden des Lagers Buchenwald. Und weiter: In einer Exklusivstory zur "Auschwitzlüge" behauptet die halboffizielle Tageszeitung Al Achram, der Holocaust sei ohnehin nur eine Erfindung der Juden.

Im Rahmen einer Serie zum Thema "Zionistische Propaganda" hatte bereits Ende April das Magazin Al Achram Al Arabi den wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß in München verurteilten Leugner der Shoah Ernst Zündel gefeiert.

Über Roger Garaudy, den 1998 ein Pariser Gericht wegen Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt hat, schrieb das Magazin in der letzten April-Ausgabe: "Selbst der französische Kosmopolit (...) mit seiner seltenen Objektivität und seinen ernsthaften Forschungen widerlegt diesen Mythos, die Legende des Holocaust, auf der der Staat Israel errichtet wurde." Auch Robert Faurisson, 1991 in Frankreich wegen Leugnung der Massenmorde verurteilt, kommt als "hochrangiger westlicher Wissenschaftler" zu Wort.

In der ersten Maiwoche ging es dann weiter: Unter der Überschrift "Loeschter: Die Juden lügen" erschien die Übersetzung eines Berichts des angeblichen Gaskammerexperten Fred Leuchter. Leuchter hatte seinen Bericht als Verteidigungsgrundlage für den 1988 in Kanada angeklagten Zündel geschrieben.

Der US-"Experte" war nach einem Besuch der Vernichtungslager Auschwitz, Birkenau und Majdanek zu dem beabsichtigten Ergebnis gekommen, daß die Gaskammern nicht zur Vernichtung von Menschen geschaffen wurden. Die Zeitschrift Al Achram Al Arabi geht noch weiter: "Das Ergebnis der Untersuchung ist klar. In Auschwitz, Birkenau und Majdanek gab es keine Gaskammern."

Mit Bildunterschriften wie "Jüdische Demonstrationen für die Opfer der Nazis sind eine große Lüge" und "Der Juden große Lüge mündet in ihre letzte" versucht das Magazin bereits seit längerem, die Legitimität des Staates Israel zu widerlegen. Die internationalen Revisionisten werden als die eigentlichen Opfer bezeichnet. Die Illustrierte nimmt für sich in Anspruch, "das häßliche Gesicht der westlichen Demokratien aufzudecken".

Auch ist die Sympathie für Nazis offensichtlich: "Die Neonazis sind die natürliche Reaktion auf die andauernde zionistische Erpressung" unterschrieb die Zeitschrift das Foto eines britischen Neonazis, der den Hitlergruß zeigt. Das Foto eines Versammlungsraums von Rechtsextremisten wird so kommentiert: "Hitler und die Nazis wurden eine Erinnerung für die Mehrheit, außer für die Juden. Für sie wurden sie ein Schatz".

"Schrecklich irritierend, daß solche Rassismen in den Köpfen existieren" sagt Ayellet Yehiav, die Pressesprecherin der israelischen Botschaft. Aber in Ägypten sei das Anzweifeln der Shoah nicht ungewöhnlich. Nicht nur Zeitungen der islamistischen Opposition, auch die regierungsnahen Zeitungen Al Achram und Al Arabi würden regelmäßig die Rechtmäßigkeit von Kompensationsforderungen jüdischer Kläger an europäische Firmen in Frage stellen.

Doch diesmal ist man offensichtlich zu weit gegangen. Usama Saraya, Chefredakteur von Al Achram Al Arabi, hat bereits einen Rüffel der Regierung erhalten: Derartige Berichterstattung sei nicht unbedingt erwünscht. Saraya versteht das nicht: "Vielleicht glauben wir, daß der Holocaust anders war, als die Juden sagen. Vielleicht lügt Leuchter. Wir bringen nur Informationen."