Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

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Meine Freundin Margret und ich dachten, es ganz besonders klug anzustellen. Der Weg in die Herzen unserer Mitschüler führte unserer Meinung nach direkt über den Fußballsport. Deswegen lernten wir schon einige Zeit vor der WM die bundesdeutschen Fußballspieler auswendig, ebenso wie Ergebnisse und Tabellen, für die zweifelhafte Ehre, in den Pausen zusammen mit den Jungs fachsimpeln zu dürfen.

Interessant war das zwar nicht, aber dafür verfolgten die Mädchen aus unserer Klasse mit gebührendem Abstand und neidischen Blicken, wie wir mit Ulli Severins und den anderen Angeschwärmten dastanden und von ihnen sogar hin und wieder angesprochen wurden. Dann konnten wir zwar unser angelerntes Wissen über Netzer und die anderen loswerden, aber zur erhofften Einladung zur Jugendzentrums-Disko kam es einfach nicht. Egal, wie wir uns anstrengten. Obwohl ich sogar alle Grunddaten von Jürgen Sparwasser nach dem Spiel gegen die DDR auswendig aufsagen konnte - die wollte aber niemand hören. Vielleicht nahmen uns die Jungs gar nicht als weibliche Wesen wahr, trotz der Tonnen von blauem Lidschatten, die wir auftrugen und trotz des rosa Nagellacks, mit dem wir unsere angeknabberten Fingernägel verzierten.

Und als Ulli dann ausgerechnet die Katrin, die von Fußball nun überhaupt keine Ahnung hatte, in die Disko einlud, da stand für Margret und mich endgültig fest, daß fußballinteressierte Jungs indiskutabel sind. Deswegen fingen wir an, uns mit Musik zu beschäftigen. Kurz darauf klappte es dann auch mit dem ersten Freund.