Wochenblatt für Berlin: Blix

Nur so da

Berlin erscheinen zehn Tageszeitungen, drei vierzehntäglich erscheinende Stadtmagazine und ein unüberschaubares Angebot von Programmheften. Doch offenbar ist das nicht genug. Die neue Wochenzeitung für die Hauptstadt heißt Blix und hat sich Interventionen auf die Fahnen geschrieben hat: "Auch die kleinen Mißstände Stück für Stück entfernen. (...) Dazu gehört Mut zum Anpacken kleiner und größerer heißer Eisen, die quer in der Stadt verteilt sind."

So quer, wie diese Worte in der Sprache verteilt sind, so kreuz findet das Blatt seine Themen. Da wird ohne einen nachvollziehbaren Blattaufbau zunächst die Adelshochzeit Tita von Hardenberg vs. Ferdinand von Österreich präsentiert, dann das Editorial, unter dem sich Kurznachrichten finden, dann eine Doppelseite über Maren Gilzer, darauf folgen Beiträge zur Politik, dann wiederum eine Doppelseite "Wale in Not!", dann ein Interview mit Wolfgang Schäuble undsofort. Kurz, das Blatt, das in Hunderttausenderauflage erscheint, ist so geordnet wie ein schlechtes Fanzine.

Auch scheinen die Mitarbeiter nicht vom Fach zu sein, obschon Chefredakteur Christian Vagedes auf Nachfrage betont, das journalistische Handwerk "von der Pieke auf" erlernt zu haben. Als Recherchegrundlage benutzt die Redaktion, sofern es sich nicht um großangelegte Interviews handelt, andere Zeitungen oder verläßt sich auf den Augenschein. So schreibt Gernot Münchmeyer über ex-linke Rechte: "Die letzte mir bekannte Montagsdemo bekam ich zufällig mit, weil ich gerade im 'Kaufhof' am Alexanderplatz noch schnell ein paar Sachen einkaufen wollte. Dort sprach auf seiten der Mahler-Anhänger ein etwas älterer Redner ins Mikrofon, der zumindest aus der Ferne aussah wie der Sänger der irischen Band 'The Dubliners', eine Formation, die noch immer mit ihren 'Irish-Folk-Liedern' die Konzerthallen füllt und auch zum linken Gefühl der Freiheits-Solidarität dazugehörte." Der Sinn dieser Betrachtung erschließt sich in keiner Weise.

Seinem Kernthema "Berlin" nähert man sich auf gutbürgerliche Art, Brigitte Grothum ("Drei Damen vom Grill", "Jedermann"), niedliche Tiere und die obligatorische nackte Berlinerin. In der ersten Nummer jedoch hat selbst das nicht hingehauen. "Leider kam der anregende Text (zum Foto; J.S.) aus der Münchener Playboyredaktion nicht frühzeitig bei Blix an. Wir reichen ihn nach in der nächsten Woche."

Gegen den Vorwurf, mit seinem Blatt den Berliner Kurier souverän übertroffen zu haben, verwahrt sich Vagedes entschieden. "Wir sind die freundliche Alternative im Berliner Zeitungskrieg", versucht er einen Slogan. Und meint wohl: Blix will zu gar nichts in Konkurrenz treten. Es ist nur so da.