Wahnsinn in Großbritannien

Freiheitswächter

Sie sind Brite? Sie trinken nicht, essen kein Roastbeef, mögen bißfestes Gemüse, Iren und die Europäische Union? Sie hassen Diana, Tony Blair und Stonehenge? In Pubs ist es Ihnen zu stickig, Oliver Cromwell und Winston Churchill sind für Sie die größten Idioten, die je auf der Insel gelebt haben, und David Beckham sollte Ihrer Meinung nach lieber Golf spielen? Sie haben also gewaltig einen am Brett?

Warten Sie nicht, bis Sie von Ihren sogenannten Freunden aus dem Dart-Club, dem Fußballstadion oder der Labour-Party angezeigt werden. Zeigen Sie sich selbst an. Sofort. Alles wird dann nur halb so schlimm. Ihre Behörden können Sie in aller Ruhe verhaften, wegsperren, später vielleicht sogar heilen.

Wenn Sie das wollen, werden Sie in spätestens vier, fünf Jahren wieder in die Reihen der ganz normalen und geduldeten Wahnsinnigen treten, Queen-Portraits sammeln, Manchester United für die beste Fußballmannschaft der Welt halten, sich auf die Ferien in Margate, Brighton oder auf Wight freuen. Ihr Staat macht das schon, vertrauen Sie Ihrem Innenminister.

Jack Straw will nur Ihr Bestes: "Wir können keine Situation dulden, in der Menschen, die als gefährlich bekannt sind oder sich selbst als gefährlich ansehen, einfach in Freiheit gelassen werden." Zwar ist sein Gesetzesentwurf noch in der Planungsphase, aber schon bald sollen Sie und viele andere, die so sind wie Sie, ohne sichtbaren Anlaß und auf unbestimmte Zeit hinter Gittern oder in der Psychatrie verschwinden.

Nun reden Sie sich nicht raus, natürlich sind Sie gefährlich, wahrscheinlich sogar unheilbar gefährlich und deshalb ein Fall für den neuen Mental Health Act. New Labour weiß das. Was soll das heißen, Sie würden nicht zu den 2000 mentally disordered people gehören, die Ihr Innenministerium gezählt haben will? Was ist das für ein Argument, Sie hätten noch niemanden ermordet oder verletzt?

Und: Was bedeutet Ihnen schon Freiheit? Sie wissen doch ohnehin nicht, was Sie mit Ihrer Zeit anfangen sollen. Alle Menschen sind Ihnen ein Graus, sich selbst und Ihren Nächsten sind Sie eine Last, am liebsten sind Sie allein, lesen Bücher oder werkeln in Ihrem Hobbykeller vor sich hin.

Was bleibt, sind Ihre Befreiungsphantasien und die Illusion, daß es woanders viel besser ist. Gut, bevor Sie sich selbst anzeigen, machen Sie doch erst noch eine Europa-Rundreise und überzeugen sich vom Gegenteil. Kommen Sie nach Deutschland, reisen Sie durch Bayern und Brandenburg, besuchen Sie Aachen, Eberswalde, Siegen und Zittau. Fahren Sie ruhig weiter - nach Ankara, Bilbao, Clermont-Ferrand. Vergessen Sie nicht Rimini, Wien und Zagreb.

Ja, ja, weisen Sie nur auf die Ausnahmen hin. Aber was will man denn mit einem wie Ihnen in Amsterdam, Barcelona, Pienza oder Thessaloniki? Die Leute dort haben ihre eigenen Probleme und brauchen Sie und Ihre Projektionen nicht.

Niemand braucht einen solchen Besserwisser, Nichtsnutz, Nörgler und Spaßverderber. Niemand außer Jack Straw und Frank Dobson aus dem Gesundheitsministerium. Die aber brauchen Sie und Ihre Unterstützung wirklich, um fiesen Angriffen der Presse entgegenzutreten. Widersprechen Sie dem Guardian, wenn er behauptet, "die Macht, Menschen wegzusperren, sei ihrer Natur nach autoritär". Weisen Sie einfach darauf hin daß der einzige Guardian, den Sie brauchen, Jack Straw heißt.