Telekom sucht Anschluß

Die deutsche Telekom und der spanische Konzern Telef-nica wollen ihre Auslandsgeschäfte zusammenlegen

Beide sind groß, erfolgreich, international aktiv - und haben deutliche Schwächen. Aber das ändert sich vielleicht bald. Am kommenden Freitag wollen die Deutsche Telekom und der ehemalige spanische Telekommunikationskonzern Telef-nica ihre zukünftige Zusammenarbeit bekanntgeben. Behauptete vergangene Woche zumindest die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Demnach soll das internationale Geschäft beider Unternehmen in einer gemeinsamen Gesellschaft zusammengelegt werden, ohne daß sie miteinander fusionieren.

In Madrid wurden diese Berichte wiederholt zurückgewiesen, und bei der Telekom wollte man lieber gar nichts zu den Spekulationen sagen. Genauso regierte der Bonner Konzern dann auch vergangenen Donnerstag, nachdem die Tageszeitung Wall Street Journal Europe berichtet hatte, die Telekom sei kurz davor, den britischen Mobilfunkbetreiber One-2-One für 11,5 Milliarden Euro zu kaufen und wolle außerdem die Mehrheit an der US-Firma Carrier Sprint erwerben: kein Kommentar.

Klar ist aber, daß die Telekom auf Internationalisierung setzt. Die 250 Millionen neuen T-Aktien hat das Unternehmen im Juni schließlich vor allem deshalb an viele deutsche Kleinaktionäre gebracht, um Zukäufe im Ausland bezahlen zu können. Dabei ist man schon ein bedeutendes internationales Joint Venture eingegangen: Global One. Mit dabei sind die France Télécom und Carrier Sprint.

Damit, so behauptet die Telekom zwar, "können wir internationalen Kunden nahtlose Dienste global zur Verfügung stellen". Der Zusammenschluß steht aber so gut wie vor dem Aus, die France Télécom sucht schon nach neuen Partnern. Verärgert über die Fusionspläne der Telekom mit der Telecom Italia betrachtet der ehemalige französische Staatsbetrieb seine Zusammenarbeit mit den Deutschen für beendet und verkaufte Mitte Juli gar seinen Zwei-Prozent-Anteil an der Telekom.

Die von der Telekom als bedeutender Anfang ihrer Internationalisierungsstrategie bezeichnete Fusion mit der italienischen Telecom hat sich damit vollends als Reinfall erwiesen. Zunächst übernahm Olivetti mit einer sogenannten feindlichen Übernahme die Aktienmehrheit an der Telecom Italia, und nachdem die Telekom daraufhin die Fusionspläne zurückstellte, wirft die neue Führung des italienischen Telefonunternehmens der deutschen Seite nun Vertragsbruch vor. Und die Franzosen distanzieren sich seitdem von der Telekom.

Von den Partnern von Global One bleibt damit nur noch Carrier Sprint übrig, aber auch diese Verbindung hat einen Haken. Denn im Global-One-Vertrag, so vermutet das Handelsblatt, "ist offenbar festgelegt, daß die europäischen Partner ausschließlich über Sprint in den USA aktiv werden dürfen". Blöd, ist der US-amerikanische Markt wegen seines gewaltigen Umsatzes in der Telekommunikationsbranche doch besonders attraktiv. Mit einer Übernahme von Anteilen an Carrier Sprint wäre dieses Hindernis elegant umgangen und der Einstieg in den US-Telekommunikationsmarkt geschafft. Danach stünden dann weitere Zukäufe an: Qwest, ein erst seit drei Jahren existierender US-Anbieter, und der Internetdienstleister AOL sind nach dem Bericht des Wall Street Journal im Gespräch.

Ein oder zwei Zukäufe machen aber noch lange keine Internationalisierung. Das weiß man auch bei der Telekom, deren Mehrheit immer noch direkt oder indirekt der Bund hält. Die bisherigen Engagements in Österreich, Ungarn, Indonesien, Malaysia, Großbritannien und Italien machten im letzten Jahr nicht mehr als fünf Prozent des Gesamtumsatzes aus. Auf dem deutschen Markt aber leidet die Telekom im Festnetzbereich unter dem Preiskampf.

Deswegen wäre die spanische Telef-nica wohl ein wichtiger Partner für die sehr deutsche Telekom. Denn die hat, was der Telekom fehlt: Ein umfangreiches Netz ausländischer Beteiligungen. Fast ein Drittel ihres Umsatzes erwirtschaftet Telef-nica in Argentinien, Chile, Peru, Brasilien, Guatemala, El Salvador und Puerto Rico. Keine andere Telekommunikationsgesellschaft kann ein derart großes Engagement in den potentiellen Wachstumsmärkten Mittel- und Südamerikas vorweisen. Und durch eine strategische Allianz mit MCI Worldcom ist man sogar auf dem US-Markt präsent.

Was den Spaniern fehlt, hat die Deutsche Telekom in Hülle und Fülle: Geld für weitere Investitionen. Wegen ihrer Zukäufe in Lateinamerika ließ die Telef-nica im vergangenen Jahr die Dividendenzahlung an ihre Aktionäre entfallen. Statt dessen wurden zusätzliche Anteilsscheine an die Aktionäre ausgegeben. Zwar ist das Telekommunikationsunternehmen nach dem Mineralöl- und Chemiekonzern Repsol dem Umsatz nach das zweitgrößte Unternehmen des Landes, aber im Telefonbereich machen andere europäische Firmen der Telef-nica Konkurrenz: Telecom Italia, France Télécom und die British Telecom drängen auf den spanischen Markt.

Telef-nica hat dagegen zwar zwei entscheidende Vorteile: Eine Diversifizierung durch umfangreiches Engagement im Mediensektor (Internet, Kabel- und Digitalfernsehen sowie Beteiligungen an Rundfunksendern) und den deutschen EU-Kommissar Martin Bangemann, der künftig Berater und Vorstandsmitglied sein soll. Aber einen finanzstarken Partner - die Deutsche Telekom ist gemessen am Umsatz immerhin drittgrößter Telekommunikationskonzern der Welt - kann die Telef-nica dennoch gebrauchen.

Zu mächtig darf der Partner aber andererseits auch nicht sein. Der Umsatz der Telef-nica war 1998 mit 18,7 Milliarden Euro nur etwa halb so groß wie der von der Telekom erwirtschaftete. In Spanien ist die Angst vor einer deutschen Dominanz ähnlich stark wie vor drei Monaten bei der Telecom Italia. Bei einer Zusammenlegung der Auslandsbeteiligungen ohne Fusion wäre das zwar anders - bloß haben dabei die Deutschen bisher nicht viel zu bieten.