Ösi-Fußball heißt Verlieren

Fragen statt Tore

Die Österreicher haben es gut. Zumindest der Teil des Alpenvölkchens, der sich für Fußball nur insofern interessiert, als er weiß, daß bei Spielen der eigenen Nationalmannschaft unter fünf gegnerischen Bällen im österreichischen Netz nichts mehr läuft.

Geeichte Debakel-Profis und Niederlagen-Experten jedoch sind da längst einen Schritt weiter. Für sie ist das Spiel selbst schon fast zur lästigen Nebensache geworden - nichts weiter als Mittel zum Zweck für das Ereignis schlechthin, den sportlichen Höhepunkt nach dem Schlußpfiff: das Spielerinterview.

Österreichische Reporter, so muß man wissen, sind nämlich Patrioten. Eingefleischte noch dazu. Nichts und niemand könnte sie davon abbringen, selbst fünf Minuten vor Schluß beim Stand von 0:3 auf ein Wunder zu hoffen (oder im Europacup auf das Rückspiel). Und tritt dieses dann doch nicht ein, wie neulich im ehrwürdigen Ernst-Happel-Stadion zu Wien, wo die einstige Galionsfigur des heimischen Vereinsfußballs, genannt Rapid, gegen Galatasaray Istanbul fürchterliche Prügel bezog, steht dem Mann mit dem Mikro die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.

Zu einem Zeitpunkt, wo deutsche Kollegen ihren Gesprächspartnern Fragen wie "Sind Ihre Spieler noch bei Trost?" oder "Bekommen jetzt die Zuschauer ihr Geld zurück?" auftischen, beugt sich der österreichische Sportmoderator fast liebevoll zu dem Gepeinigten und haucht einfühlsam: "Na geh, was war denn los?" Daß selbst die honorigen Herren des Nationalteams ihre Leistungen nur noch mit einer gehörigen Ladung Galgenhumor kommentieren, stört sie dabei keineswegs. So geschehen beim legendären Spiel - nein, jetzt kommt nicht Cordoba 1978! - gegen Spanien (0:9) vor einigen Monaten, als beim Halbzeitstand von 0:5 Manndecker Anton Pfeffer den Satz von sich gab: "Na, hoch gwinnen wir's nimma." Trotzdem hatte man nach dem Spiel sofort die Tabelle zur Hand und rechnete hoch, daß die Qualifikation für die EM-Endrunde immer noch zu schaffen sei.

Jetzt einfach zu behaupten, die Kicker könnten nicht kicken, wäre zwar richtig, aber auch ein bißchen unfair. Schließlich würde dabei völlig unter den Tisch gekehrt, daß sich das Umfeld, in dem in der Alpenrepublik Woche für Woche gestümpert wird, längst an die Leistungen auf dem Rasen angepaßt hat.

Woran auch der neue Nationaltrainer Otto Baric nichts ändern wird. Hat er es doch mit einem Haufen unbegabter, unwilliger, permanent gedemütigter Balltreter zu tun, die es nicht im geringsten interessiert, wie heutzutage außerhalb der austriakischen Grenzen dem runden Leder nachgejagt wird. Manche, die es dann doch ins gelobte Ausland schaffen, wie etwa Toni Polster, Wolfgang Feiersinger oder Harald Cerny, um dort die Ersatzbank zu hüten oder mindestens einmal pro Saison abzusteigen, werden in Österreich gleich zu Helden hochstilisiert.

Doch halt! Es gibt auch Bemerkenswertes zu berichten. Nahezu unbemerkt nahm ein österreichischer Mittelständler, der zweite Grazer Fußballklub GAK, späte Rache für die Pleiten des Nationalteams. Noch dazu auswärts! Die Grazer Kicker fegten den Meister der Färöer-Inseln, Toftir Klaksvik, 5:0 vom Platz. Eindrucksvoll und kompromißlos. Das kommt davon, wenn man es wagt, Österreich bereits 1990 mit 1:0 zu schlagen. Noch dazu im allerersten Qualifikationsspiel.