München Barons

Dünne Siege

Gerade mal ein Werbeschild prangt vor der Bank der München Barons. "Kings Hotel" steht da. Könige sitzen nicht dahinter. Die Barons spielen ihr achtes Spiel in der ersten Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Ihr achtes Spiel überhaupt. Ihr achtes Spiel ohne Zuschauer.

Sie sind Münchens vierter Eishockey-Klub. US-Milliardär Philip Anschutz hat das Team aus dem Nichts gestampft. Der fünftreichste Mensch der Welt verdient sein Geld mit Öl, Eisenbahnunternehmen, Telekommunikation. Und gibt es für ein teures Hobby aus - Sportvereine sammeln: Los Angeles Kings, Los Angeles Galaxy, Colorado Rapids, Eisbären Berlin und als zweiten DEL-Klub die Barons. Ein Retortenteam. Lizenz und zehn Spieler wurden den Landshut Cannibals abgekauft, der Rest zusammentransferiert. Das war im Sommer. Seitdem kämpfen die Barons. Um schwarze Zahlen - sonst lässt der Großinvestor sie in drei Jahren fallen. Um Punkte - mit 16 stehen sie auf Platz acht der Liga. Heute servieren sie die Eisbären Berlin mit 5:3 ab. Doch Sieger sind die Barons nicht.

In der Nordkurve hüpfen versprengte Fans in Weiß-Blau zur Trommel auf und ab, skandieren ihr "Wir scheißen auf Berlin!" Es klingt dünn. Es ist dünn. Auf den Stehplätzen rückt man zusammen, am Rand gähnende Leere. Offiziell sind gut 2 000 Zuschauer da - über 6 000 passen ins Stadion. Die Kölner Haie haben bei 18 000 Plätzen eine Auslastung von über 60 Prozent. Sie haben auch Geschichte - und die Barons haben nicht einmal Spieler des Vorgängerteams ESC München übernommen. Für einen Erstligaklub waren die Veteranen, die zuletzt in der vierten Liga dümpelten, nicht gut genug.

Die Barons geben sich Mühe. Sie machen Druck, erspielen sich Chancen - doch im ersten Drittel bleiben die ungenutzt. Muffelig sitzt Peter Glaab mit seiner kleinen Tochter im O-Block. Sie hat ihren Spaß, er schon lang nicht mehr. In den Siebzigern, als der FC Bayern noch Eishockey spielte, war's anders: "Da haben wir auch mal Köln mit zehn zu eins abgefertigt. Heute machen die nur Geplänkel." Heute sind es "die". Früher waren es "wir". Früher war man noch mit dem Herzen dabei. Als Fan. Als Spieler. Glaubt Peter.

Im zweiten Drittel punkten die Barons. Die Fans trommeln. Lauter, aber nicht laut. Winfried Piebe gähnt. "Fan bin ich vielleicht in zwei Jahren", brummt der 61jährige. Ende des letzten Drittels. Die Berliner haben bloß auf 5:3 verkürzt. Die lichten blau-weißen Fan-Reihen erheben sich zum Auszählen. Piebe klatscht mit. Aus Pflichtbewusstsein: "Die Jungs spielen schon gutes Eishockey, aber angefangen hab ich mit dem ESC."

Man spürt den Druck auf Trainer Sean Simpson. Er kaut, er spuckt, er schaut zum Spiel, er blickt auf den Zettel, schreibt, ballt die Linke zur Faust. Aber so sieht kein Sieger aus. Ein Geretteter vielleicht. Simpson braucht Zuschauer. Er beruhigt sich: "Die ersten drei Heimspiele waren schlimmer." Da war's auch 30 Grad warm.

In Schlappen hockt Spieler Chris Luongo vor der Umkleide. Es riecht nach Schweiß. Und nach Enttäuschung: "Die Distanz zu den Fans ist vielleicht normal, die kennen uns einfach nicht." Nationalstürmer Alexander Serikow hatte es vorausgesagt: "Die Fans werden uns in der ersten Saison nicht die Bude einrennen. Am wichtigsten ist, dass wir gutes Eishockey zeigen." Und Geld verdienen. Die Vorgabe für die erste Saison waren 50 Prozent Hallen-Auslastung. Ohne Anschutz' Millionen gäb's am Jahresende keine Gehälter mehr.

Die Barons haben gewonnen - Sieger sind sie nicht.