Spex schließt Pubertät ab

Ende eines Fanzines

Der Spex, dem - laut einschlägigen Langzeitstudenten und der Kölner Szene-Mafia - wichtigsten deutschsprachigen Magazin für Popkultur, stehen einige Änderungen bevor. Versteckt auf der drittletzten Seite, wird im aktuellen Heft angekündigt, dass sich die gesamte Herausgeberschaft - also Jutta Koether, Diedrich Diederichsen, Wolfgang Tillmans und Tom Holert - vom Verlagstisch zurückziehen wird, womit die hinter der Zeitschrift stehende GmbH all ihre bisherigen Gesellschafter verliert. Spex wird aufhören, ein Fanzine zu sein.

Damit endet eine fast zwanzigjährige Ära. Jutta Koether war seit Gründung der Spex im Jahr 1980 unter den Herausgebern, damals war das Blatt noch ein klassisches Fanzine mit schmutzigem Layout und dreckiger Sprache. Diederichsen stieß einige Jahre später aus der Redaktion der Sounds dazu. Das Blatt verwandelte sich in ein Pop-Diskursheft, das Erscheinungsbild wurde professionalisiert. Intern allerdings blieb der Charakter eines Fanzines erhalten. Deshalb ist der jetzt angekündigte Rücktritt der gesamten Herausgeberschaft, mehreren Redaktions- und Herausgeberwechseln zum Trotz (Mitte der neunziger Jahre verließ bereits ein Teil der Gründer nach einer Auseinandersetzung über die inhaltliche Ausrichtung die Spex), der wohl größte Einschnitt in der Geschichte des Hefts, auch wenn sich inhaltlich nichts ändern soll.

Ein Einschnitt auch, weil die Spex nun erstmals eine verlagsinterne Entscheidung bekannt macht, ohne anzugeben, wie es weitergehen wird. Bislang hatte die Verlagspolitik darin bestanden, Namen im Impressum auszutauschen oder zu streichen, ohne dass über einen kleinen Kreis hinaus die Gründe dafür bekannt gewesen wären.

Doch, so Tom Holert, weder mangelndes Geld noch inhaltliche Differenzen mit der seit gut einem Jahr amtierenden Redaktion (die das Magazin in einem Ausmaß wie keine vor ihr umgestaltet hat) seien die Ursache dieses überraschenden Rückzuges. Also: Alle zufrieden, Heft super, Lage auch - warum also der Ausstieg? Weil sich die intensive Arbeit an der Spex für die Herausgeber nicht länger mit anderen beruflichen Tätigkeiten und vor allem anderen Lebensentwürfen zusammentüfteln lasse. Keine Trennung im Streit also, sondern nur eine institutionelle Umschichtung, um den veränderten Gegebenheiten Rechnung zu tragen.

Trotzdem hat die Spex mit diesem Schritt ihre Pubertät abgeschlossen. Bislang bedeutete der Status des Herausgebers bei der Spex immer auch, wesentlichen Einfluss auf die Inhalte der Zeitschrift zu haben, auch wenn die Spex GmbH von einem Geschäftsführer vertreten wurde. Mitunter, wie im Falle Holerts, gehörten die Herausgeber gleichzeitig der Redaktion an. Eine von der Geldgeberseite eindeutig emanzipierte Redaktion gab es nicht - die Geldgeber waren gleichzeitig Autoren und Elder Statesmen: so etwas wie das Oberhaus der Spex.

Nun geht es also darum, die Kompetenzen der Redaktion und des Verlages eindeutig zu klären und eine für einen Magazinverlag übliche Form zu finden. Langzeitstudenten und Kölner müssen nicht verzagen: Der Diskurs geht weiter.