Der neue James Bond

Anschluss ans dritte Jahrtausend

Letztens im Berliner Autonomen-Café: Brandlöcher im Boden, Kinderhaare, bunt gefärbt, Hunde jaulen: Thomas Ebermann und Rainer Trampert treten mit ihrer Polit-Comedy auf. Der Saal ist begeistert - Bombenvorstellung. Dann steigt Trampert um und referiert eine halbe Stunde über die Erdölpipelines im Kaukasus und wer da welche geostrategischen Interessen hat. Der Westen braucht Nachschub, will Ressourcen kontrollieren. Kosovo- und Tschetschenien-Krieg haben damit auch zu tun. Hinterher alle klüger, anschließend Raggamuffin-Party.

Wer die Lesereise der beiden verpasst hat und das Thema dennoch durchnehmen will, kann auch den neuen James-Bond-Film mit dem Titel »Die Welt ist nicht genug« ansehen. Nur heißt die Referentin Sophie Marceau und trägt hauchdünne Kleider, Trampert dagegen Jeans und Holzfällerhemd (steht ihm). Bei James Bond gibt's natürlich mehr Knallerei, und auf scharf gemachtem Sprengstoff wird gebumst, das gehört hier dazu, zum linken Vortrag aber nicht zwingend.

Schuld daran ist neben Marceau Denise Richards, die Ex-Raumschiff-Rückwärts-Ausparkerin aus »Starship Troopers«. Marceau, böse, aber auch gefallenes Kind, leitet einen Konzern, der sich die Erdölreserven notfalls mit Waffengewalt sichern will. Eine der interessanteren Konstellationen ist wohl, dass sie sich internationaler Top-Terroristen und islamischer Freischärler bedient. Die Welt droht aus den Angeln zu fliegen, weil die Atombombe mit hundert Sachen durch die Pipeline fährt.

U-Boote, Intrigen, Anschläge - alles drin. Zum Glück gibt es den britischen Geheimagenten, der die Lizenz zum Töten hat. Ein schneller Film aus der bei Jung und Alt beliebten Kinoserie. Im Reiserausch taumeln unsere Helden um die Erde, sind innerhalb von zehn Minuten in Istanbul, Aserbaidschan, London. Bond fährt BMW. Denise Richards spielt eine Atom-Expertin. Diese Rolle verkörpert sie glaubwürdig. Die »Bond-Girls« Richards und Marceau spielen sich gegenseitig an die Wand (und sollen auch am Set miteinander konkurriert haben). Marceau ist besser fotografiert. Es gibt eine Ski-Abfahrtsszene, eine Schnellbootverfolgungsjagd, Hubschrauber, die mit großen Sägen Häuser in Scheiben schneiden.

Der Terrorist Renard (Robert Carlyle) hat eine Kugel im Kopf, die ihn schmerzunempfindlich macht - ein gefährlicher Gegner für den smarten Martini-Trinker Bond. Aber noch gefährlicher, das zeigt uns der Film, können Frauen sein: Das merkt der Geheimagent, als ihn Marceau in eine spanische Garotte einspannt und ihm im Angesicht seines Todes einen ungewöhnlichen sexuellen Höhepunkt in Aussicht stellt (Ejakulation bei Strangulation).

Regie führte Michael Apted, der 1988 »Gorillas im Nebel« mit Sigourney Weaver und 1994 »Nell« mit Jodie Foster drehte. Nach diesen eher ruhigen Filmen hatte nicht jeder einen so actiongeladenen Polit-Thriller erwartet. Den Titelsong, auf den bei Bond-Produktionen immer besonderer Wert gelegt wird, steuern Garbage bei, und sie erledigen ihre Aufgabe gut. Die politische Theorie aber, auf der der Film basiert, stammt unverkennbar vom Hamburger Autor Rainer Trampert und seinem Freund Thomas Ebermann. Endlich wieder ein linker Film. Der Saal ist begeistert - Bombenvorstellung.

»James Bond - Die Welt ist nicht genug«. USA/GB 1999. R: Michael Apted. D: Pierce Brosnan, Sophie Marceau, Denise Richards. Start: 9. Dezember