Der Balkanisator II

Bodo Hombach hat als Balkan-Beauftragter nichts weitergebracht. Außer sein eigenes Geltungsbedürfnis. Das hat jetzt auch das Europäische Parlament bemerkt.

Manchmal lässt auch ein im SPD-Drill erzogener Bundestagsabgeordneter wie Hermann Scheer seinem Frust freien Lauf: »Den Hombach haben sie nur zum Balkan-Beauftragten gemacht, damit er einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss entgeht. Vom Balkan hat der keine Ahnung«, pöbelte der diesjährige Preisträger des alternativen Nobelpreises schon Ende Oktober während eines Besuches in Wien im kleinen Kreis.

Tatsächlich war Bodo Hombachs Berufung zum Finanzchef des balkanischen Wiederaufbaus Ende Juni vergangenen Jahres sehr umstritten. Österreich und Griechenland legten sich während einer Tagung der EU-Außenminister in Rio de Janeiro quer, doch am Ende konnte sich Joseph Fischer mit der Benennung Hombachs zum Balkan-Beauftragten durchsetzen. Österreich wurde damit geködert, den EU-Beauftragten für das Kosovo, Wolfgang Petritsch, zum Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina zu machen, Griechenland erhielt den Zuschlag für eine Filiale der Wiederaufbau-Agentur in Thessaloniki.

Doch die Begeisterung für Hombach hielt sich in Grenzen. »Es ist wichtig, dass ein Deutscher wie Bodo Hombach den Wiederaufbau leitet, weil der natürlich starken Rückhalt innerhalb der EU erwarten kann«, spielte Wolfgang Petritsch damals auf die wieder erstarkte Rolle Deutschlands an, ohne auf Hombachs balkanische Qualitäten Bezug zu nehmen.

Denn in Sachen Wiederaufbau hat der Mann nur privat beim Hausbauen Erfahrung. Vor 13 Jahren ließ ihm der Veba-Konzern angeblich beim Bau seines großzügigen Domizils in Mülheim an der Ruhr großzügige finanzielle Begünstigung zuteil werden.

Als EU-Balkanbeauftragter soll er nun seinerseits die rund 14 Milliarden DM großzügig über den Balkan verteilen und die zerstörte Region zu einer blühenden Landschaft machen.

Doch zuerst einmal kümmerte sich Hombach wieder einmal um sich selbst. Ohne auch nur den Ansatz eines Konzepts für seine künftige Aufgabe vorzulegen, verstrickte er sich in einen erbitterten Streit mit der EU um die eigene Gage. Schließlich beendete die EU das Gefeilsche des Deutschen, jetzt darf sich Hombach auf ein Jahresgehalt von rund 220 000 Euro freuen. Auch der Dienstort Thessaloniki war Hombach nicht komfortabel genug. Vielleicht um sein Domizil in Mülheim besser nützen zu können, überredete Hombach die EU-Gremien, sein Büro direkt in Brüssel zu beziehen. Wozu er dann trotzdem 90 Flüge in die ganze Welt pro Jahr braucht, sei einmal dahingestellt.

Aber auch in Brüssel macht sich Hombach nicht ausschließlich Freunde. Wegen anwachsender Spannungen zwischen ihm und EU-Außenkommissar Chris Patten musste knapp vor Weihnachten ein kleiner Krisengipfel einberufen werden. Patten warf Hombach nach Informationen aus EU-Kreisen in Brüssel während dieses Gespräches vor, »ohne irgendein Konzept« zu agieren. In der offiziellen Presseaussendung Pattens hieß es anschließend, abgeschwächt und trotzdem mit einem Seitenhieb, Hombach habe »eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, bei der ihn die EU-Kommission unterstützen« werde. Auch der Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank, Wolfgang Roth, forderte vom Chefaufbauer, »kreativer zu sein, als das zur Zeit der Fall ist«.

Mangelnde Kreativität aber kann man Hombach nicht vorwerfen. Um sich eingehend über die Verhältnisse auf dem Balkan zu informieren, bestellte er nach Aussagen politischer Weggefährten in Berlin schon kurz nach seiner Ernennung ein Standardwerk für politische Analysten: »Der Schut« heißt Karl Mays prophetischer Roman, der schon zu Lebzeiten des großen Hochstaplers vor Unruhen auf dem Balkan warnte.

Bösartigkeiten aller Art kommen auch von den im Kampf um den Baumeister-Job unterlegenen Österreichern. Deren Ex-Vizekanzler Erhard Busek, ursprünglich für den Posten vorgesehen und mit langjährigen Kontakten auf dem Balkan ausgestattet, meinte schon im Sommer hinter vorgehaltener Hand, Hombach würde sich gemeinsam mit anderen in »kleinmütigen Streitereien« ergehen, statt intensiv über die »wirtschaftliche Zusammenarbeit« nachzudenken. Außerdem wären schon bestehende Institutionen zu wenig in den Wiederaufbau-Plan für den Balkan eingeflochten. Fazit: Bodo reist zwar viel, doch der feiste Plan der Befriedung der Region durch wirtschaftlichen Aufbau zerfällt in traurige Fragmente politischen Aktionismus.

Den aber protokolliert Hombach mit deutscher Exaktheit: Vor dem Europäischen Parlament verteidigte sich der Balkanisator gegen Vorwürfe, völlig orientierungslos zu handeln, mit seinem Terminkalender: Er habe mittlerweile 25 Auslandsreisen gemacht und viele Gespräche geführt, meinte Hombach.

Das war Mitte September. Da muss es ein Rätsel bleiben, warum sich Hombach immer noch gegen die gleichen Vorwürfe des EU-Parlaments verteidigen muss. Wie der Spiegel jetzt berichtete, heißt es in einer Aktennotiz Chris Pattens, es sei noch immer unklar, »ob und wie Prioritäten und Arbeitspläne des Stabilitätspaktes einen Bezug zu konkreten Projekten« hätten.

Chris Patten kann da ganz beruhigt sein: Das konkrete Projekt im Fall Hombach war schlicht der Wunsch des Kanzlers, seinen nicht ganz sauberen Häuslebauer aus der Schusslinie zu bekommen und gleichzeitig den Einfluss der deutschen Wirtschaft auf dem Balkan zu sichern. Dafür aber braucht man keinen Stabilitätspakt.