Ausländerstopp beim Fußball

Olle Kamellen

Zwei Tage nach dem Presserummel um die Einführung des neuen Staatsbürgerschaftsrechts war scheinbar Fußball wieder Trumpf. »Ausländer-Stopp? Vorstoß von Fifa und Uefa: Mindestens 6 Deutsche müssen spielen« titelte Bild und berichtete über, ja, worüber eigentlich?

Über olle Kamellen. »Im November« und am »15. Dezember« seien die Fifa- und Uefa-Bosse Blatter und Johannsson wegen einer angestrebten Revision des Bosman-Urteils bei der EU-Kommission vorstellig geworden. Um was ging es Bild also in Wirklichkeit? Um »Ausländer raus!« Fußball war nicht Trumpf, sondern nur Vehikel zum Transport der rassistischen Botschaft. Das Titelfoto zeigte die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern - alle Nicht-Deutschen, von Sforza bis Ratinho, mit einem fetten X markiert, genauer: durchgestrichen.

Die Bild-Macher verfielen nicht von ungefähr beim Versuch, gegen das von Rot-Grün initiierte, vermeintlich migrantenfreundliche neue Gesetz zu hetzen, auf den Fußball. Seit fünf Jahren ziehen der DFB, Beckenbauer und Co. gegen das im Dezember 1995 ergangene Bosman-Urteil zu Felde, das nichts weiter als Freizügigkeit für EU-Fußballprofis garantiert. Schoben die Urteils-Gegner anfangs noch das Argument vor, durch den Wegfall der Transfererlöse seien kleine Vereine dem Untergang geweiht, liegt mittlerweile, nachdem der heraufbeschworene Fußball-Gau ausgeblieben ist, auf der Hand, warum Leute vom Schlage der CDU-Rechtsaußen Scholz und Kanther die Anti-Bosman-Liga so lautstark unterstützen. Die ausländischen Spieler bedrohen das landsmannschaftliche und nationale Fußball-Wir-Gefühl, auch Identität genannt.

Ex-Cosmos-New-York-Profi Beckenbauer, der als Mitglied der Fifa-Kommission die letzte Initiative Blatters guthieß und von einer »Ausländerschwemme ohne Ende« (FAZ, 1. November 1999) faselte, ließ bereits vor drei Jahren die entscheidenden Sätze ab: »Wir haben mit den Ausländern in den letzten Jahren keine guten Erfahrungen gemacht. (...) Es gibt ausländische Spieler, die kommen und benutzen dich. Die kassieren ihr Geld und identifizieren sich nicht mit dem Club.« (FAZ, 4. Juni 1997)

Uefa-Generalsekretär Gerhard Aigner, von Kicker-Chefredakteur Holzschuh auf die »beängstigenden Formen« angesprochen, welche »die Anzahl der ausländischen Spieler in den nationalen Ligen« annähmen, verdichtete das Stammtisch-Geschwalle der Marke Beckenbauer in einem perfiden Begriff: »Wir sprechen nicht von ausländischen Spielern, sondern von selektionierbaren Spielern, das heißt Spieler, die in der betreffenden Nationalmannschaft spielberechtigt sind.« (Kicker, 2. August 1999). Bild selektionierte, diesmal im Wortsinne, und strich die Ausländer durch.

Das Kapital greife nach dem Fußball, klagte DFB-Präsident Braun anlässlich des Fußball-Jahrhundertrückblicks der ARD. Hoffentlich. Manager Uli Hoeneß jedenfalls, den die Welt am Sonntag am 28. November 1999 unter dem Stichwort »Söldner-Mentalität« zum Thema ausländische Spieler befragte, bleibt eiskalt auf Modernisierungslinie. Ihn interessiere »diese Bayern- und Deutschtümelei« nicht. Er brauche Spieler, die »gut kicken können« - Leute wie Maradona, Cantona, Higuita, Vialli, Elber oder auch Berthold, könnte man hinzufügen. Was die gemeinsam haben? Sie spielten am 27. April 1997 in Barcelona auf Seiten der Weltelf zu Gunsten des verarmten Jean-Marc Bosman, obwohl der spanische Verband und einige spanische Profis von einer Provokation sprachen.