Zeugnisverweigerungsrecht für JournalistInnen

Niklaus, komm in unser Haus

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Wir erinnern uns: Der Alt-68er, Rechtsanwalt und grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele ist im Wahlkampf immer gerne mit einem Esel durch Berlin-Kreuzberg gelaufen. Jetzt hat man immer häufiger den Eindruck, als sei er selbst der Esel, den man zu Werbezwecken herumführt. Nicht zum ersten Mal weist der Zwang der Verhältnisse den Aus'm-Bauch-Linken Ströbele zurecht und lässt ihn zum Rechtfertiger rot-grüner Regierungsentscheidungen werden.

Diesmal schleppte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) Ströbele mit auf eine Pressekonferenz zum Entwurf eines erweiterten Zeugnisverweigerungsrechts für JournalistInnen. Ströbeles Job: zu sagen, dass der geplante Gesetzentwurf einfach eine ganz tolle Sache sei. Und tatsächlich: Das sei ein »verspätetes Weihnachtsgeschenk an Journalisten«, sagte Ströbele, bevor er gehen durfte.

Bei so viel Euphorie ist natürlich Skepsis angebracht und - wie schon gesagt: Wir erinnern uns! Es ist nämlich noch gar nicht so lange her, da kritisierte Ströbele ganz scharf einen Gesetzentwurf der FDP zum selben Thema. Es sei ja ganz schön, das Zeugnisverweigerungsrecht von JournalistInnen, das bisher nur für von Informanten zugetragenes Material galt, auch auf selbst recherchiertes Material auszuweiten (Jungle World, 42/99). Der angehängte Ausnahmekatalog, mit dem die FDP die sehr löbliche Reform ad absurdum führte, gehe ihm jedoch viel zu weit. Die FDP hatte ihrem Gesetz einen ellenlangen Straftatenkatalog angehängt - von Umweltdelikten bis zu Verstößen gegen das Ausländergesetz fast alles dabei. Bei Ermittlungen zu solchen Strafsachen sollten JournalistInnen denn doch kein Recht auf Zeugnisverweigerung haben, so wollte es die FDP.

Ströbele, der nicht selten als Anwalt für die taz gegen Durchsuchungen der Redaktionsräume gekämpft hat, wurde Anfang Oktober im Bundestagsplenum sehr laut: »Machen Sie den Journalisten einmal klar«, schimpfte er in Richtung FDP, »dass das Material, das sie in wirklich wichtigen Fällen, in denen es um Spionage, um kriminelle Vereinigungen oder um schwere Straftaten geht, erarbeitet und in ihrem Schreibtisch liegen haben, nicht frei von Beschlagnahme ist. Ich denke, dass sie gerade in diesen Fällen geschützt werden müssen.«

Nachdem der FDP-Entwurf chancenlos in die Ausschüsse verwiesen wurde, folgte jetzt also das Justizministerium mit seinem Referentenentwurf. Im Großen und Ganzen ähnelt er dem FDP-Vorschlag, nur fehlt der von Ströbele zu Recht kritisierte Ausnahmekatalog. Däubler-Gmelin: »Ausnahmen beim Zeugnisverweigerungsrecht, der Durchsuchung und Beschlagnahme gelten lediglich für Ermittlungen zur Aufklärung eines Verbrechens.« Das ist jede Straftat, bei der das Strafmaß ein Jahr Haft oder mehr beträgt. Eine Verbesserung zum FDP-Entwurf ist das wahrlich nicht. Zumal die FDP Durchsuchungen bei JournalistInnen nur noch dann zulassen wollte, wenn jene »dringend« der Deliktteilnahme verdächtig seien. Im SPD/ Grünen-Entwurf reicht dagegen schon die einfache Verdächtigung. Auf solche Weihnachtsgeschenke kann man gut verzichten.