Die besetzte Universität in Mexiko-Stadt wurde geräumt

Das bittere Ende

In den frühen Morgenstunden des Sonntags stürmten über tausend Polizisten den Campus der Nationalen Universität in Mexiko-Stadt. Damit wurde der seit über neun Monate andauernde Streik an Lateinamerikas größter Universität endgültig niedergeschlagen. Über 650 Mitglieder des Zentralen Streikrates (CGH), die sich gerade auf einer Plenarsitzung befanden, wurden verhaftet und auf verschiedene Gefängnisse im Stadtgebiet verteilt.

Die pessimistischsten Befürchtungen haben sich nun bestätigt. »Die Regierung hat sich entschieden, den Konflikt durch eine gewaltsame Räumung der Uni und Gefängnis für die Streikenden zu beenden«, prognostizierten Sprecher des CGH bereits, als am 1. Februar bezahlte Hooligans und 700 Aufstandsbekämpfungs-Polizisten eine besetzte Schule außerhalb des Unicampus gestürmt hatten. Dutzende Jugendliche wurden dabei schwer verletzt, 324 verhaftet. Zwar konnte der Streikrat am Freitag noch einmal 20 000 Menschen zu einer Demonstration gegen die Repression mobilisieren. CGH-Sprecher meinten aber bereits: »Sie wägen die öffentliche Reaktion ab, um die endgültige Entscheidung zu fällen.« Dies ist jetzt offenbar geschehen.

Nach der Räumung des Campus sind nun insgesamt etwa tausend Streikende inhaftiert, 430 Haftbefehle gegen Mitglieder des CGH sind noch offen. Die Anklagen gegen einen Teil der Studierenden lauten auf »Terrorismus«, »Aufstand« und »Sabotage«, Delikte, auf die langjährige Haftstrafen stehen.

Die über Monate ins Werk gesetzte Strategie zur Niederschlagung der bedeutendsten Jugendproteste in Mexiko seit 1968 hat gefruchtet. Nach der altbewährten Methode der seit beinahe 71 Jahre regierenden Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) verschränkten sich angetäuschte Kompromissangebote und Repression. Zuletzt schob der Rektor dem CGH den Schwarzen Peter zu, als er Ende Januar eine Abstimmung organisierte, bei der angeblich die Mehrheit der Uni-Angehörigen für ein Ende des Streiks gestimmt haben soll. Dabei nahm noch nicht einmal die Hälfte der Uniangehörigen an der Abstimmung teil, und diejenigen, welche ihre Stimme abgaben, taten dies zum Teil, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Dass der CGH einen Tag zuvor ein eigenes Referendum abgehalten hatte, bei dem etwa die Hälfte der Uni-Angehörigen für die Fortsetzung des Streiks votiert hatte, wurde ignoriert.

Mit seiner Abstimmung im Rücken forderte der Rektor immer offensiver die sofortige Räumung der besetzen Unam. Die Streikenden dagegen waren nach über neun Monaten Streik erschöpft. Noch immer hielten mehrere Tausend Jugendliche ihren Kampf aufrecht und die Institute besetzt, aber die Isolierung der Bewegung wuchs. Viel hat dazu auch eine große Zahl »linker« Intellektueller beigetragen, die sich vom »radikalen« CGH in einem Akt vorauseilenden Gehorsams distanzierten.

Obwohl die noch nicht verhafteten CGH-Mitglieder erklärt haben, sie wollten ihren Kampf weiter führen, geht es jetzt vor allem darum zu verhindern, dass nicht mehrere hundert Jugendliche auf Jahre im Knast eingemauert werden. Der Streik richtete sich gegen die Erhebung von Studiengebühren, die Verschärfung von Zulassungsbeschränkungen und die drohende Privatisierung der Unam. Die Niederlage des CGH scheint das Schicksal einer kostenlosen staatlich getragenen Universitätsbildung, die auch nichtprivilegierten Jugendliche in Mexiko offensteht, besiegelt zu haben. Zu befürchten ist nun, dass der PRI bis zu den Präsidentschaftswahlen am 2. Juli den harten Kurs gegen die radikale Opposition fortsetzt. Als nächstes könnten die Zapatistas in Chiapas oder die Guerilla in Guerrero ins Visier der Staatsmacht genommen werden.