Benettons Imageprobleme

Casual Sponsoring

Offensichtlich gekränkt und in seinen guten Vorsätzen missverstanden, so fühlte sich der bekannte Fotograf und Kampagnenspezialist der Benettonwerbung, Oliviero Toscani, durch eine Kritik der Tageszeitung il manifesto. Die hatte ihm und seinem Brotherrn, dem in Treviso ansässigen Konzern, vorgehalten, in der Verfolgung kommerzieller Absichten Bilder menschlichen Elends auszubeuten. Zur linksliberalen Imageverteidigung brachte Toscani deshalb in einem Leserbrief bereits Anfang des Jahres vor, dass »die Todeskandidaten, Behinderten und Aidskranken des Bekanntheitsgrads der Marke Benetton bedürfen, um der ganzen Welt die Ungerechtigkeit ihrer Lage als von der zivilen Welt Ausgegrenzte ins Gesicht schreien zu können«.

Nun genügt es, gerade im Fall Benetton, die spektakuläre Oberflächlichkeit einer Affirmation oder Kritik von Bildern zu verlassen, um handfeste Tatsachen über die Ursache der Ausgrenzung zu erfahren. Die Vernutzung der Kinderarbeit in einem türkischen Zulieferbetrieb der BenettonóGruppe wurde schließlich von den türkischen Gewerkschaften bereits vor zwei Jahren denunziert. Bekannt ist auch, dass der Konzern 1992 die französische Fertigung in Chalons en Champagne aufgab, weil dort die 35óStundenóWoche eingeführt wurde.

Etwas weniger bekannt sind dagegen die Machenschaften, deren sich die italienischen »Globalisierer mit dem menschlichen Antlitz« (La Repubblica) in Argentinien befleißigen. In Patagonien verfügt die Gruppe aus Treviso über riesige Flächen an Weideland zur Aufzucht von Merinoschafen. Zur Verbesserung der Weide leiteten die Italiener im Gebiet El Maitèn kurzerhand, ohne groß auf ökologische oder menschliche Gleichgewichte zu achten, den Rio Chubul um. Die lokale Bevölkerung wurde nicht entschädigt, ihr wurde sogar der Zugang zum Fluss und damit zum Fischen verwehrt.

In der Provinz Santa Cruz brachten sich die Abgesandten Benettons mit Hilfe der Regierung in den Besitz von mehreren Hunderttausend Hektar Indianerland der Gemeinde Vuelta del R»o. Die dort lebenden Mapuche und Tehuelche wurden zwangsweise in einen Landstreifen umgesiedelt, der jetzt »Reserva de la Compania Benetton« heißt, und auf dem es ihnen nicht mehr möglich ist, eigene Schafe und Haustiere zu halten.

Dafür werden sie von der Firma, so die MapucheóTehuelche Organisation 11 de Octubre, als Niedriglohnarbeiter eingesetzt. Für 200 Dollar im Monat dürfen die Indianer nun, von Tagesbeginn an bis zum Einbruch der Dunkelheit, für die Weltverbesserer von Benetton schuften. Der Zugang zum Rio Lapa, in der Sommerdürre einziger Lebensquell, ist ihnen mit einem Stacheldrahtzaun versperrt.

Doch auch in Italien findet ein globales Unternehmen mitunter Bedingungen zur Profitmaximierung vor, die denen in Argentinien nur wenig nachstehen. So hat Benetton einen Teil seiner Produktion nach Sizilien verlagert, wo in einem Netz von kleinen und mittleren Betrieben Hunderte von Arbeitern bereits so rechtlos ausgebeutet werden, dass viele Unternehmer dieses Modell gerne auf ganz Italien übertragen würden.

Den vorwiegend jugendlichen, casual minded Nutzern der CasualóWearóMarke Benetton dürften solche Informationen egal sein. BenettonóStrategen sorgen zumindest vorbeugend dafür, dass dies auch so bleibt. Die BenettonóStiftung hat beispielsweise kürzlich den Ankauf und die Legalisierung des Centro Sociale Rivolta in Mestre durch die venezianische Stadtverwaltung gesponsert. Und dafür hat die um ihr Image bemühte Firma immerhin 1,7 Millionen Mark locker gemacht.