Repression gegen Iraner

Ruhe im Exil

Es galt Sicherheitsstufe eins. Kurzerhand wurde die Bewegungsfreiheit für eine gesamte Bevölkerungsgruppe radikal eingeschränkt, nebenbei setzten die deutschen Sicherheitsprofis das Schengener Abkommen außer Kraft. Schließlich ging es um einen »Neuanfang« in den Beziehungen zum iranischen Mullah-Staat, wie die Bundesregierung informierte.

Also wollte man dem iranischen Präsidenten Mohammed Khatami in Berlin einen gemütlichen Empfang bereiten. Nichts sollte daran erinnern, dass in Teheran gerade wieder protestierende Studenten von Fundamentalisten blutig geschlagen wurden, ohne dass Khatamis Reformer dagegen auch nur das Wort ergriffen hätten. Von Vorwürfen über Khatamis faktischer Unterstützung des islamistischen Terrors wollte man sich im Berliner Regierungsviertel ungern stören lassen. Folgerichtig wurde eine Frau festgenommen, weil sie vor dem Kanzleramt »Khatami - Mörder« gerufen hatte. Solcherart Beleidigungen waren verboten.

Vor allem Grünenpolitiker hatten die Linie vorab klargestellt: Staatsminister Ludger Volmer erkannte in Khatami einen zweiten Gorbatschow, ohne ihn, so ergänzte die Menschenrechtspolitikerin Claudia Roth, werde es »keine Überwindung des Systems« im Iran geben. Wer also trotzdem, wie zahlreiche exil-iranische Oppositionsgruppen, gegen den Präsidenten demonstriere, folgerte die taz, verkenne »die Realitäten in der Islamischen Republik«.

Dennoch gingen etwa 7 000 Iraner und Iranerinnen auf die Straße. Auch wenn die Volksmudschaheddin 25 000 Teilnehmende angekündigt hatten, war die Mobilisierung erfolgreich. Denn weniger die publizistischen Denunziationen als deren handfeste Umsetzung sorgten dafür, dass zahlreiche Menschen erst gar nicht bis in die Hauptstadt kamen.

Es herrschte Ausnahmezustand: Noch in der Nacht durchsuchte die Polizei allein in Berlin die Wohnungen von 50 Personen. Dutzende Oppositionelle wurden festgenommen. Zahlreiche Exil-Iraner, die aus dem Ausland einreisen wollten, konnten gleich an der Grenze kehrtmachen, Busse aus Süddeutschland wurden auf dem Weg nach Berlin aufgehalten. In Köln lebende Iraner durften die Stadt nicht verlassen und mussten sich am Montag gleich zwei Mal bei den Behörden melden.

Man gab sich erst gar keine Mühe, das politische Motiv zu verschweigen. So ließ beispielsweise die Dortmunder Ausländerbehörde die Iraner in der Stadt schriftlich wissen, sie hätten vom Montag bis zum Mittwoch »Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu der Islamischen Republik Iran zu belasten«. Insbesondere werde ihnen die verboten, an Demonstrationen gegen Khatami teilzunehmen - eine Maßnahme, die durch das Ausländergesetz legitimiert ist.

Das Wechselspiel von publizistischer, juristischer und administrativer Gewalt funktionierte also. Daran anknüpfend basteln derzeit die Justizminister an einer Erweiterung des Paragrafen 129. Das Ziel: Sympathisanten »terroristischer Vereinigungen«, sprich militanter oder bewaffneter Organisationen, können als Unterstützer kriminalisiert werden, auch wenn die Gruppen selbst nicht auf deutschem Boden aktiv sind. Also beispielsweise die iranischen Volksmudschaheddin.

Noch ist diese Gesetzesinitiative umstritten. Trotzdem besteht kein Zweifel darüber, worauf diese Politik abzielt: Ausländische Linke, die auf deutschem Boden gegen das deutsche Wohl verstoßen, werden kaltgestellt. Dass man sich nicht lumpen lässt, wenn es gilt, geostrategische und wirtschaftliche Interessen zu verteidigen, haben die Rotgrünen mit der Generalprobe vom Montag deutlich gemacht. Und ähnlich wie zu Zeiten des Kosovo-Krieges sind es an vorderster Front die grünen Menschenrechts-Rhetoriker und ihre publizistischen Unterstützer, die den Weg freiräumen. Den Rest regelt die Ausländerbehörde.