PDS auf dem Weg nach rechts

Zimmer im Deutschen Haus

Die neue PDS-Chefin treibt mit reichlich Deutschtümelei die Partei weiter nach rechts.

Es gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, Linker oder Linke zu werden. Entweder man setzt sich gegen Ausbeutung und Kapitalismus ein und stellt - nach ausgiebigem Marx-Studium - die Frage nach dem Eigentum an den Produktionsmitteln an die erste Stelle. In einem solchen Fall organisierte man sich zu BRD-Zeiten wohl bei der DKP.

Oder aber man setzt die Revolte gegen das Elternhaus später als antiautoritäre Politik gegen Staat, Militär und Patriarchat fort. In diesem Fall landete man im Westen vermutlich bei der Anti-AKW-Bewegung, den Grünen oder den Autonomen. Ohne Frage: Beide Positionen sind links. Doch das eine ohne das andere führt unweigerlich in die stalinistische oder die wirtschaftsliberale Sackgasse.

Wo nun aber beides nicht gegeben ist, da kann von linker Politik schwerlich die Rede sein. Unter diesem Gesichtspunkt war die PDS nie eine linke Partei, ist keine und wird niemals eine werden. Zwar gibt es beide Fraktionen in der Partei, und die erste, latent stalinistische, ist dabei wesentlich stärker als die libertäre. Die Richtung jedoch geben Leute vor, die sich auf beides nicht einlassen können. Mit der ersten Fraktion haben sie gebrochen und verstehen das als Lehre aus der DDR-Geschichte. Von der zweiten sind sie kulturell und auch politisch viel zu weit entfernt.

Mit ihren Äußerungen zur Nation hat die neue Bundesvorsitzende Gabi Zimmer nun deutlich gemacht, dass die PDS nicht nur keine linke, sondern potenziell sogar eine rechte Partei ist. Gegenüber der taz erklärte Zimmer am vergangenen Wochenende, auf der Suche nach der »nationalen Identität« zu sein und schwärmte von deutschen Landschaften, Städten, Wäldern, Schriftstellern. Auch über Patriotismus solle die PDS ruhig diskutieren. Zimmer: »Dieses Selbstverständnis italienischer oder französischer Kommunisten und Sozialisten, sich unbefangen und souverän zu ihrem Land zu bekennen - trotz aller Verfehlungen in der Geschichte, trotz aller Kriege, trotz allem Rassismus, den es dort gibt.« Dass für eine Geschichte voller Kriege und Rassismus eben nicht Frankreich und Italien stehen, sondern Deutschland, ist der Thüringerin in ihrer schwarz-rot-goldenen Verzückung wohl entgangen.

Die nationalistischen Entgleisungen der Gabi Zimmer sind aber kein Fauxpas. Schon auf dem Parteitag hatten Strategen der PDS das Motto »Dass ein gutes Deutschland werde ...« im Saal angebracht. Und als der Bundestagsabgeordnete Winfried Wolf davor warnte, durch übertriebene Betonung des »spekulativen, fremden Kapitals« völkisches Denken zu transportieren, strafte der neue Fraktionschef Roland Claus ihn in einer Fraktionssitzung vor laufenden Kameras wie einen Schuljungen ab und kündigte jede weitere Zusammenarbeit mit Wolf auf.

Dennoch stießen auch die Äußerungen von Zimmer parteiintern auf Kritik. Die Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt erklärte, jede »Deutschtümelei« sei für eine linke Partei »absolut inakzeptabel«, und eine nationale Identität sei »die Büchse der Pandora, aus der völkisches Denken und Rassismus erwachsen«. Matthias Gärtner, Vize-Fraktionschef in Magdeburg, kommentierte, angesichts der besonderen deutschen Geschichte sei »ein gespaltenes Verhältnis der Linken zur Nation geradezu geboten«. Die PDS müsse »ganz schnell umsteuern«.

Natürlich sind Linke im Osten anders sozialisiert worden als im Westen. Sich zu seinem sozialistischen Vaterland zu bekennen, hieß im Osten, sich zum Sozialismus zu bekennen. Nationalismus war positiv besetzt. Heute bietet das eine großzügige Schnittmenge mit Rechts. Anderes auch: Ein Großteil der Basis ist rassistisch, autoritär und repressiv eingestellt. Der Antikapitalismus der PDS richtet sich vornehmlich gegen »internationale Banken und Konzerne« und gegen Spekulation, während der brave ostdeutsche Mittelständler innig umworben wird.

Leitmotiv der PDS ist die »soziale Gerechtigkeit«, doch während in gepfefferten Reden und Programmen von gerechterer Verteilung die Rede ist, sieht die praktische Politik der PDS, wo sie etwas zu melden hat, ganz anders aus. In Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in den Kommunen, setzt sie voll und ganz auf Wirtschaftswachstum. Fast immer mit standortideologischer Argumentation (»den Osten stärken!«) gilt die Förderung »innovativer klein- und mittelständischer Unternehmen«, neuer Produkte und Märkte und die Schaffung von Arbeitsplätzen als Lösungsansatz. Die PDS will dabei gar nichts anders machen als die anderen Parteien, nur besser. Dass die soziale Gerechtigkeit größer wird, wenn mehr Leute einen Arbeitsplatz haben und das Bruttosozialprodukt steigt, kann wohl kaum ernsthaft von Linken vertreten werden.

Immerhin gibt es die Kommunistische Plattform, die zumindest nicht wirtschaftsliberal orientiert ist, gleichzeitig aber staatsfixiert, autoritär und nationalistisch. Gegen diese Tendenzen kämpft wiederum ein kleines Häufchen von PDSlern um Angela Marquardt, Matthias Gärtner, Ulla Jelpke, Carsten Hübner, Freke Over, die sozusagen den libertären Flügel darstellen.

Doch sollten die Flügel einmal abfallen, bleibt eine in Wirtschaftsfragen liberale und in allen anderen Fragen staatsautoritäre, also in jeder Hinsicht rechte Partei übrig. Dass die PDS in der Friedensfrage bisher standhaft geblieben ist, hat seine Ursache auch darin, dass der Solidarität mit Serbien eine panslawistische Freundschaft aus alten Bruderländer-Tagen innewohnte. Bei Krisen in anderen Regionen der Welt wird die Friedensfrage gewiss neu verhandelt werden.

Die PDS ist keine linke Partei, bietet dennoch für Linke in bestimmten Situationen oder Regionen eine nützliche Infrastuktur. Auch wenn die Partei sich immer schwerer mit der Unterstützung von Antifa-Gruppen tut, hängt die Arbeit von Antifas dennoch nicht selten von der PDS ab. Die Partei stellt in der ostdeutschen Gesellschaft immerhin so etwas wie ein Stück Zivilgesellschaft dar. Das ist zwar nicht gut, aber immerhin besser als die barbarische, demokratiefeindliche Stimmung, die wie ein Schleier auf dem Osten Deutschlands liegt. Außerdem darf man nicht vergessen, dass die öffentliche Wahrnehmung bestimmter linker Positionen ohne PDS gar keine Chance hätte - wie es beispielsweise im Kosovo-Krieg der Fall war. Dennoch müssen mit dem Antritt von Gabi Zimmer Linksradikale ihr Verhältnis zur PDS neu überdenken.