Trainersuche beendet

Bayerberti

Der ehemalige Fußballbundestrainer Hans-Hubert Vogts ist nach zweijähriger Pause wieder zurück auf der Trainerbank. Er arbeitet nun als Cheftrainer von Bayer Leverkusen - ein genialer Coup des Clubs vom Niederrhein. Vogts' Reputation hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Die Krise der Nationalmannschaft 1998 wird ihm mittlerweile nicht mehr angelastet, denn unter seinem Nachfolger Erich Ribbeck wurde alles noch schlimmer. Es kann also nicht nur an Vogts gelegen haben.

Dem Verein Bayer Leverkusen aber sind nicht nur gerade sein Cheftrainer Christoph Daum und sein Sportdirektor und Interims-Coach Rudi Völler abhanden gekommen, sondern auch der Anspruch, neue und künftige Hegemonialmacht im deutschen Fußball zu sein, musste zunächst aufgegeben werden. Diesen Anspruch hatte der Club sogar noch nach der historischen Niederlage bei der Spielvereinigung Unterhaching im Sommer, die mit dem Verlust der sicher geglaubten Meisterschaft einherging, beibehalten. Bei der Bewältigung der Krise der Nationalmannschaft nach der Europameisterschaft musste der Verein auch noch die Hauptlast tragen.

Als Daum des Kokaingebrauchs überführt wurde, schien das Projekt Leverkusener Hegemonie im deutschen Fußball endgültig gescheitert. Dieses Projekt war fußballerischer Ausdruck des weiter gehenden Projekts einer Integration der New Economy in die Volkswirtschaft. Man nennt das neuerdings »Neue Soziale Marktwirtschaft«. Auch der Neue Markt gilt gegenwärtig als gescheitert, und dass der Fußballtrainer Daum mit Kokain die Droge nahm, die so gerne von den jungen Kreativen in der New Economy geschnupft wird, passt gut ins Bild.

Der Verein Bayer Leverkusen aber schaffte in diesem beschädigten Zustand einen genialen Befreiungsschlag: Rudi Völler, der weiterhin als Sportdirektor auf der Pay-roll des Clubs bleibt, wird als gefeierter Retter der deutschen Nationalmannschaft ans Gemeinwohl abgegeben. Hier wirkt er zusammen mit seinem Co-Trainer Michael Skibbe, der vor noch nicht langer Zeit den Aufbruch des mittlerweile an der Börse notierten Vereins Borussia Dortmund fußballerisch schaffen sollte.

Hans-Hubert Vogts, der »Bundesberti«, galt als der Repräsentant deutschen Fußballs. Vogts, der als Trainer immer nur beim DFB gearbeitet hatte, der sich seiner Freundschaft mit Helmut Kohl brüstet, der ohne Lothar Matthäus 1996 Europameister wurde und mit Lothar Matthäus 1998 bei der Weltmeisterschaft scheiterte und der am liebsten eine Koalition der CDU mit den Grünen an der Regierung sähe, steht jetzt dem so ambitionierten Fußballableger des Chemiekonzerns vor.

Damit untermauert der Verein Bayer Leverkusen deutlich seinen Anspruch, trotz der Rückschläge der letzten Monate weiterhin Nummer Eins im deutschen Fußball werden zu wollen. Rudi Völler, mit dessen Verpflichtung als Spieler und später als Sportdirektor Bayer volkstümlicher werden wollte, ist nun sportlich der wichtigste Mann im DFB. Vogts aber, der bisher für nichts anderes stand als für den DFB, und der in den letzten zwei Jahren zu einer Person gereift ist, die Deutschland repräsentiert wie sonst nur Heinz Rühmann, Joseph Fischer oder Inge Meysel, ist jetzt Trainer von Bayer Leverkusen.