»TV Total« als Zeitschrift

Das Raab-Syndrom

Harald Schmidt versucht sich vielleicht am Humor, Stefan Raab am Witz, ein Unterschied wie zwischen Lächeln und Lachen. Das bedenken die großen zwei deutschen Tageszeitungen, Bild und taz, nicht, wenn sie die die beiden in einen Konkurrenzkampf treten lassen.

Seit Anfang Februar betätigt sich Raab, dessen Sendung »TV Total« jetzt um 400 Prozent ausgedehnt wurde, auch als Zeitungsproduzent. Eine kluge Sache, weil einem Raabs Gesicht dann auch schon morgens entgegenstrahlt, auf dass es sich ganztags in den Kopf einbrenne. Raab hat ein Problem. Er muss immer überall sein. Und die erste Geige spielen. Das geht zwar vielen so, aber weil es kaum jemand so penetrant praktiziert, nennen wir diesen Zustand lebenslanger Pubertät mal das Raab-Syndrom.

Aber irgendwann reicht der Platz im Fernsehen nicht mehr. TV Total gibt es jetzt auch als satirische Wochenzeitschrift und konkurriert nun also direkt mit stern, Focus, Spiegel und Jungle World. Mit Titanic oder Eulenspiegel nicht, die erscheinen ja monatlich. Trotzdem könnten die Ideen von dort stammen: Prominenten Texte in den Mund legen, Verona Feldbusch vorne drauf, und im Heft der Boss gleich auf den ersten drei Seiten. Das macht Martin Sonneborn von der Titanic genauso.

In der ersten Ausgabe tritt uns Raab als reale und als Zeichentrickfigur entgegen. Das ist allerdings nicht besonders lustig. Überzeugend aber ist zum Beispiel die Rubrik »TV Spielfilm«, in der B-Kinoproduktionen nacherzählt werden. Alt wiederum ist die Idee, Zeitungen nach Fehlern durchsuchen zu lassen (»Pressesau«), das haben wir als »Fehlanzeiger« bereits im Eulenspiegel. Dann gibt es noch die Rubrik »Pulleralarm«, dort finden wir zum Beispiel einen nackten indischen Mann, der irgendwelche Probleme mit seinen Genitalien zu haben scheint. Des Weiteren mag man sich über Persiflagen einiger Sendeformate amüsieren. Im hinteren Teil findet man hirnlose Platten- und Filmbesprechungen, wie sie aus diversen Publikationen, vom Krankenkassenblatt bis zu Max, bekannt sind.

Das Fernsehprogramm - für nur eine Mark - ist spitze. Und der Tag wird kommen, an dem es ein neues Sendeformat geben wird, in denen Gesellen wie Raab und Schmidt verarscht werden. Der Rezipient wird sich in einer Witz-Endlosschleife befinden. Lachen! - Zu Befehl, Herr Major! Moderiert von Stefan Raab. Aber keines der gängigen Witzformate scheint sich auf die gekonnte Selbstverarschung zu verstehen.

Selbst etwas Unkompliziertes wie die Harmlosigkeit ist hierzulande wohl eine traurige Angelegenheit. Womit die Leute heutzutage leben müssen. Um es mit Homer Simpson zu sagen: »Das Fernsehen ist ein so guter Freund für ein Kind. Es gibt so viel und verlangt so wenig.« Jetzt auch als Zeitschrift.