UCK und Nato

Krieg mit Protektion

Es klang nach väterlicher Ermahnung, als der Vertreter der Protektoratsmacht die »albanischen Extremisten« aufforderte, auf den Pfad der Demokratie zurückzukehren. »Eure Zeit läuft aus«, drohte Nato-Generalsekretär George Robertson der mazedonischen UCK. Es wäre nicht das erste Mal, dass ehemalige Zöglinge des Westens von ihren Förderern zu Schurken erklärt werden - siehe Afghanistan oder Irak.

Für diesen Fall üben die publizistischen Freunde der Nato-Bomben schon einige argumentative Verrenkungen. Den schönen Erfolg im Kosovo-Krieg will man sich schließlich nicht vermiesen lassen. Selbst der eingefleischte Anhänger der kosovo-albanischen Freiheitskämpfer und Korrespondent der FAZ, Matthias Rüb, richtet sich auf die Möglichkeit ein, dass »die Albaner (...) von Opfern zu Tätern« werden. Um gleich zu versichern: »Das bedeutet freilich nicht, daß der Luftkrieg der Nato um das Kosovo von März bis Juni 1999 sinnlos war.«

Und im Tagesspiegel ist sogar jetzt noch der Täter derselbe. Dort behauptet Christoph von Marschall, der Krieg in Mazedonien sei Milosevics letzte - sozusagen posthume - Schurkentat. Marschall schafft es, dem ehemaligen jugoslawischen Präsidenten sogar noch seine Niederlage gegen die Nato vorzuwerfen. Denn diese habe das Selbstbewusstsein der Albaner enorm wachsen lassen und »sie selbst zu kleinen Imperialisten gemacht«. Hat man die Logik erst so weit hinter sich gelassen, dann fällt es leicht, die üblichen Lösungen anzubieten: einen neuen Staat Kosovo schaffen (Rüb), erneut militärisch intervenieren (Marschall).

Vorerst sieht es nicht so aus, als liefe die Zeit der UCK ab. Für die Vorkämpfer Großalbaniens ist es nur folgerichtig, dass sie in Mazedonien jetzt einen Krieg entfachen. Die Voraussetzungen sind günstig. Auch die mazedonische Politik ist seit dem Zerbrechen Jugoslawiens weitgehend ethnisiert. Die bewaffneten Separatisten haben im Präsidenten der kürzlich offiziell anerkannten »albanischen Universität« in Tetovo ihren prominentesten Anhänger gefunden. Und die Waffenlager im Kosovo sind gut gefüllt, die Entwaffung der UCK hatte die Kfor nur pro forma betrieben. So konnte sich die mazedonische UCK des Personals, der Waffen und des Know-How aus dem Kosovo bedienen. US-amerikanische und deutsche Kfor-Einheiten an der Grenze zu Mazedonien hinderten sie nicht daran. Schon deshalb hat die Nato diesen Krieg mitverursacht.

Es passt ins Bild, dass nach Recherchen des Observer zumindest die CIA auch direkt die Initiatoren von mazedonischer UCK und UCPMB unterstützte. Der Titel des Berichts lautet: »West struggles to contain monster of its own making.« Ob es sich, wie die britische Zeitung behauptet, um einen Alleingang der USA handelte, der zu einer Verstimmung der Europäer führte, und ob die CIA tatsächlich nur Milosevics Sturz beschleunigen wollte, darüber lässt sich momentan nur spekulieren. Dass der Westen, respektive die Nato, tatsächlich kämpft, um seine selbst gezüchteten Monster jetzt zurückzuhalten, war bis zum Wochenende nicht zu erkennen. Der mazedonischen Regierung muss das undankbar erscheinen. 1996 wurde Mazedonien - nach Slowenien als zweiter Staat des ehemaligen Jugoslawien - Mitglied in der Nato-Partnerschaft für den Frieden. Im Kosovo-Krieg stellte sich das Land der Nato als Nachschublager zur Verfügung und beteiligt sich seither sogar mit einer kleinen Einheit an der Kfor.

Doch Dankbarkeit kann man von der Nato nicht erwarten. Vor zwei Jahren hat das Militärbündnis mit dem Bombardement Jugoslawiens demonstriert, dass es die Macht hat und einsetzt, die Souveränität anderer Staaten zu brechen. Nachdem diese Demonstration gelungen ist, muss es sich erst noch zeigen, ob die Mitglieder der Nato daran interessiert sind, das mazedonische Staatsgebilde zu erhalten.