FPÖ-Kontakte zur extremen Rechten

Hort der Heimat

Die FPÖ unterhält beste Kontakte zur extremen Rechten. Doch öffentlich will sie mit ihr nicht in Verbindung gebracht werden.

Einen »Fingerzeig des nationalen Lagers« nannte die Österreichische Landsmannschaft (ÖLM) ihre diesjährige Sonnenwendfeier, die am 21. Juni am Stadtrand von Wien stattfand. Und tatsächlich trat das »nationale Lager« dort geschlossen in Erscheinung: von führenden FPÖ-Politikern über Veteranen des »Volkstumskampfes« bis hin zu strammen Neonazis. Vor rund 300 Zuhören - darunter der 1999 vorzeitig aus der Haft entlassene Neonazi-Kader Gottfried Küssel - hielt der FPÖ-Spitzenpolitiker und deutschnationale Korporierte Ewald Stadler die so genannte Feuerrede. Die Ansprache geriet schnell zur eindringlichen Warnung vor dem Untergang des Abendlandes. Europa leide, so Stadler, »an der Immunschwäche eines überbordenden Liberalismus, der die europäischen Völker dazu gebracht hat, dass heute kaum ein Volk weiß, wer es ist, woher es kommt (...), wohin es will«. Als »besonders dramatisch« bezeichnete Stadler den »Selbsthass der Deutschen, der seit Jahrzehnten die Existenz dieses Volkes bestimmt.« Die Lösung dieses Problems hatte er gleich parat. Er forderte »einen enttabuisierten Umgang mit unserer Geschichte«, denn es gehe nicht an, dass ein »Volk (...) ganze Kapitel seiner eigenen Geschichte unter Tabu stellt«. »Unsere Zukunft« müsse »frei sein von historischen Hypotheken«, zog er vom Leder. Abschließend verlangte er von seinen deutschnationalen Zuhörern ein erneuertes »Bewusstsein einer Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen« und den »Willen (...) zum Überleben, zum Weiterbestand als Gesamtvolk«. Weder die Rede Stadlers noch die Anwesenheit Küssels machte das völkische Treffen zu einem Skandal. Das wundert kaum, in Österreich interessiert sich inzwischen kaum einer für die integrierende Funktion der FPÖ und ihrer burschenschaftlichen Umgebung für die extreme Rechte. Unter diesen Bedingungen können dann auch Kontakte zur NPD geknüpft werden. Einer der österreichischen Verbindungsleute der NPD ist Helmut Müller, seit 1991 »Schriftleiter« des Eckartboten, des Organs der ÖLM. Nach seinem Auftritt als »Ehrengast« beim »Zweiten Tag des nationalen Widerstandes« am 27. Mai 2000 in Passau, einem Interview und einem Kommentar im NPD-Blatt Deutsche Stimme, referierte Müller im vergangenen Jahr in einigen NPD-Kreisverbänden »über die innenpolitische Situation in Österreich seit der Regierungsbeteiligung der nationalliberalen FPÖ«. Müllers Kontakte haben sich auch in der Berichterstattung des Eckartboten niedergeschlagen. Im September vorigen Jahres druckte das Blatt ein Interview mit dem stellvertretenden NPD-Vorsitzenden Jürgen Schön. Und schon im März hieß es dort über die neonazistischen Gewalttäter in der BRD, diese seien deswegen »so voller Hass (...), weil sie als einzige begriffen haben, in welcher Schande und Würdelosigkeit Deutschland zu leben gezwungen worden ist«. Müller selbst sprach von »mehrheitlich anständigen 'Glatzköpfen'«, die bloß »um ihre Heimat und ihre Kultur« besorgt seien (Eckartbote, 10/00). Offen bringt er seine Sympathie zum Ausdruck: Die NPD vermittle »radikal Neues, vor allem eindeutig Systemwidriges«. Nicht das angehäufte Gewaltpotenzial und die in weiten Teilen offen zur Schau getragene neonazistische Gesinnung sei die Ursache für ein etwaiges NPD-Verbot, sondern ein »Krieg«, der mit dem Ziel der »Entmachtung bzw. Ausschaltung« der Deutschen geführt werde. »Das wieder Lebenszeichen setzende Nationale gilt zum jetzigen Zeitpunkt, wo man die multirassische Gesellschaft zu verwirklichen trachtet, daher als gefährlicher Widersacher, den es zu eliminieren gilt.« Anfang Juli erklärte sich die ÖLM erneut. In der aktuellen Ausgabe des Eckartboten findet sich der Aufruf zum 9. Trauermarsch im »Andenken an den von einem Ausländer ermordeten Holger Müller«. Diese alljährliche Neonazi-Demonstration im sächsischen Zittau wird seit 1997 vom örtlichen NPD-Kreisverband organisiert und von Kadern des Nationalen Widerstandes und der Freien Kameradschaften unterstützt. Dass sich die ostmärkische Revanchistentruppe derart aufführte, ist an sich kaum bemerkenswert. Schwerer wiegt, dass gleich drei Wiener FPÖ-Landtagsabgeordnete zusammen mit Müller im Vorstand der ÖLM sitzen. In der Öffentlichkeit ist die Stellung der Regierungspartei FPÖ im »nationalen Lager« jedoch kein Thema. Das dürfte künftig auch für die österreichische Staatspolizei gelten. Noch im Juli 2000 antwortete Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) auf die Frage nach rechtsextremen »Rändern« der FPÖ, dass »man sich manches schon näher anschauen könnte«. Seine Behörde tat das und kam in ihrem letzten Jahresbericht über den Rechtsextremismus zu folgender Einschätzung. »Bei Veranstaltungen mehrerer schlagender Studentenverbindungen traten ausländische - insbesondere deutsche - Rechtsextremisten als Teilnehmer in Erscheinung. Der von diesen Burschenschaften unterschwellig ausgehenden rechtsextremen Ideologieverbreitung wird im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes weiterhin besonderes Augenmerk zugewendet.« Weil dann auch noch die von ihr selbst als Vorfeldorgan bezeichnete Aula im Behördenbericht erwähnt wurde, intervenierte die FPÖ, die drei Burschenschafter in der Regierung sitzen hat, wütend im Innenministerium. In Zukunft wird es den Jahreslagebericht nicht mehr geben. Überhaupt häufen sich unter den geänderten politischen Machtverhältnissen die Erfolgsmeldungen aus der rechten Szene. So kann sich das revanchistische Haus der Heimat, dessen Veranstaltungen vom Eckartboten beworben werden, bald über einen wahren Geldsegen freuen. Denn die FPÖVP-Regierung plant, das Vertiebenenzentrum mit einer Finanzspritze von mehr als sieben Millionen Mark aufzupäppeln. Dass erst im September des vergangenen Jahres der bekannte deutsch-südafrikanische Reisekader Claus Nordbruch im Haus der Heimat referierte, wird der Spendierlaune der Regierung wohl kaum Abbruch tun.